Kein klares Bild nach IAEO-Bericht zu Iran
Andreas Zumach
Nach dem neuen IAEO-Bericht über das iranische Atomprogramm steht im UNO-Sicherheitsrat
verschärfter Streit über neue Sanktionen gegen Teheran bevor. Ein geplantes Treffen der
fünf Vetomächte und Deutschlands am Montag ist abgesagt.
Im Konflikt um das iranische Atomprogramm steht nach der Vorlage eines neuen Berichts
der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) verschärfter Streit im
UNO-Sicherheitsrat bevor. Dessen drei westliche ständige Mitglieder USA, Großbritannien,
Frankreich drängen - unterstützt von Deutschland - auf eine dritte Resolution mit
weiteren Wirtschaftssanktionen gegen Teheran. China ist gegen neue Sanktionen, Russland
zumindest sehr skeptisch. Am Montag wollten die sechs Staaten auf der Ebene der
politischen Direktoren ihrer Außenministerien über das weitere Vorgehen beraten. Das
Treffen wurde am Freitag laut Angaben europäischer Diplomaten gegenüber der Agentur
Reuters gestrichen, nachdem China "aus Termingründen" seine Teilnahme abgesagt
hatte.
IAEO-Direktor Mohammed al-Baradei präsentiert in seinem am Donnerstagabend
veröffentlichten Bericht eine gemischte Bilanz. Er bescheinigte Teheran
"Fortschritte" bei der Offenlegung seines Atomprogramms und bei der Aufklärung
noch offener Fragen der IAEO, bemängelte aber, diese Fortschritte seien noch nicht
ausreichend. Im August hatte al-Baradei mit der iranischen Führung ein Arbeitsprogramm
zur Aufklärung aller noch offenen Fragen bis zum November vereinbart. Der Iran habe
Inspekteuren "ausreichend Zutritt zu seinen Atomanlagen gewährt, fristgerecht Fragen
beantwortet und Klarstellungen geliefert zu den Fragen, die aufgeworfen wurden",
heißt es in dem Bericht. Auch habe Teheran "in der Vergangenheit im Allgemeinen die
Wahrheit über sein Atomprogramm gesagt".
Zugleich kritisiert der IAEO-Direktor aber die mangelnde "Eigeninitiative"
Teherans bei der Aufklärung. Die Zusammenarbeit seitens des Iran sei "eher reaktiv
als dynamisch". Einige wichtige Details seien immer noch ungeklärt.
Zudem kritisierte al-Baradei, dass Iran entgegen mehrfacher Aufforderung durch den
Gouverneursrat der IAEO und den UNO-Sicherheitsrat sein Programm zur Urananreicherung in
der Anlage Natanz weiterbetreibt. IAEO-Vertreter hatten bei einer Inspektion der Anlage im
Oktober festgestellt, dass dort - wie Irans Präsident Ahmadinedschad zuvor öffentlich
mitgeteilt hatte - tatsächlich 3.000 Zentrifugen zur Urananreicherung installiert und in
Betrieb sind.
Teherans Atom-Chefunterhändler Said Dschalili erklärte, der jüngste IAEO-Bericht sei
der "Beweis", für die ausschließlich friedlichen Zwecke des iranischen
Atomprogramms. Behauptungen über militärische Absichten seien "unwahr".
"Selektive Kooperation Irans mit der IAEO ist nicht genug", erklärte
hingegen die Sprecherin von US-Präsident George W. Bush, Dana Perion. Die USA würden
weiterhin auf neue Sanktionen gegen Teheran dringen. Entsprechend äußerte sich die
britische Regierung. Frankreich drängt bereits seit geraumer Zeit auf neue Sanktionen
gegen Iran, notfalls auch außerhalb des Sicherheitsrates. Auch Außenamtssprecher Martin
Jäger deutete am Freitag an, Deutschland werde sich auf europäischer Ebene für weiteren
Druck auf Iran einsetzen, wenn sich der Sicherheitsrat nicht auf weitere Sanktionen
einigen könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Bush letzte Woche aktive
Unterstützung für neue UNO-Sanktionen gegen Teheran zugesichert. Hingegen hatte Chinas
Regierung letzte Woche erklärt, weitere Sanktionen seien unberechtigt und
kontraproduktiv. Ähnlich äußern sich auch russische UNO-Diplomaten.
Washingtons UNO-Botschafter Zalmay Khalilzad warnte China am Donnerstag vor einer
"Blockade" neuer Sanktionen im Sicherheitsrat. "Ich glaube nicht, dass
China für das Scheitern der Diplomatie verantwortlich sein will", erklärte der
US-Botschafter. Khalilzad gab sich überzeugt, dass "nur eine entschiedene Resolution
des Sicherheitsrates mit neuen und beißend scharfen Sanktionen der Diplomatie eine
Erfolgschance geben würde".
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