Petersburger Monolog
Merkels "strategische Partnerschaft" mit Russland existiert nicht
Kommentar von Andreas Zumach
Von einer "strategischen Partnerschaft" zwischen Deutschland und Russland hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut gesprochen. Anlass war ihre Wiesbadener Begegnung mit
dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Doch diese Bezeichnung ist fast so vermessen
und unrealistisch wie der Anspruch auf einen deutschen Sitz im UNO-Sicherheitsrat, den
Merkel Ende September vor der Vollversammlung in New York erneuert hat.
Putin selbst hat diese Formulierung nie benutzt - auch nicht, als sein Männerfreund
und Gazprom-Geschäftspartner Gerhard Schröder noch in Berlin regierte. Mit gutem Grund,
wie sich in Wiesbaden zeigt. Denn in allen Fragen, die dort auf der Tagesordnung standen,
hat Deutschland gegenüber Russland die strategisch schwächere Position - und in den
meisten Fällen auch die schlechteren Argumente. Für die Verschärfung der UNO-Sanktionen
gegen Iran braucht es die Zustimmung - oder zumindest Enthaltung - Russlands im
Sicherheitsrat. Dasselbe gilt für eine völkerrechtlich saubere Regelung der
Unabhängigkeit des Kosovo.
Merkels Haltung zu den Raketenabwehrplänen der USA ist für Moskau so lange
irrelevant, wie sie in Vasallentreue gegenüber Washington verharrt, anstatt für eine
kritische Debatte der US-Pläne in der Nato zu sorgen. Und auch beim Thema Energie sitzt
Deutschland gegenüber Russland am deutlich kürzeren Hebel. Solange die Bundesregierung
keine Strategie entwickelt, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu
reduzieren, wird das auch so bleiben. Denn Putins Reich ist der größte Gas- und derzeit
drittgrößte Ölanbieter der Welt.
Lediglich bei den Menschenrechten hat Merkel die besseren Argumente. Dass sie auf taube
Ohren treffen, ist auch eine Spätfolge der Politik, die der Westen nach dem Ende des
Kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion verfolgt hat. Die arrogante
Siegermentalität gegenüber Moskau und die Ausdehnung der Nato an die russischen Grenzen
haben die autokratischen Kräfte in Rußland gestärkt und Demokraten und Menschenrechtler
geschwächt. Eine andere Politik hätte zu einer echten Partnerschaft geführt.
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