TAZ
08. Dezember 2007


Teilerfolg bei Streubomben

Andreas Zumach


Eine Gruppe von Bremserstaaten unter Führung Deutschlands versucht weiterhin, Ausnahmeregelungen gegen ein Totalverbot von Streubomben durchzusetzen.

Über zwei Drittel der 192 UNO-Staaten haben auf der am Freitag beendeten Streubombenkonferenz in Wien ihre Bereitschaft zu einem Totalverbot dieser Waffen bis spätestens August nächsten Jahres bekundet. Eine Gruppe von neun Staaten unter Führung Deutschlands drang allerdings darauf, dass angeblich ungefährliche Streubomben mit einem Selbstzerstörungsmechanismus auch weiterhin erlaubt bleiben sollen. Wegen des Mechanismus sei bei ihnen die Gefahr nicht gegeben, dass Blindgänger für Zivilisten eine dauerhafte Gefahr darstellten.

An der Wiener Konferenz nahmen 138 Staaten teil. Die einladende österreichische Regierung hatte mit lediglich 100 Teilnehmerländern gerechnet. Rahmen der Verhandlungen ist der sogenannte Osloprozess, den die norwegische Regierung im Februar diesen Jahres initiiert hatte, nachdem Verhandlungen über ein Streubombenverbot im Rahmen der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz wegen des Widerstandes der drei ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates USA, China und Russland seit Jahren blockiert waren.

Während der Konferenz bekundeten Vertreter von 129 Staaten die Bereitschaft zu einem lückenlosen Totalverbot des Einsatzes, der Entwicklung, Produktion, Lagerung sowie des Exportes aller Varianten von Streubomben. Zudem sollen sich die Unterzeichnerstaaten eines künftigen Abkommens dazu verpflichten, die Armeebestände an Streubomben innerhalb weniger Jahre vollständig zu vernichten.

Ein entsprechendes Verbotsgesetz hatten am Donnerstagabend das österreichische Parlament und bereits im letzten Jahr das Parlament in Belgien beschlossen.

Deutschland, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz, Tschechien, die Slowakei sowie Finnland, Dänemark und Schweden wollen jedoch, dass angeblich ungefährliche Streubomben mit Selbstzerstörungsmechanismen auch weiterhin erlaubt bleiben. Vor allem die britische Regierung begründet diese Forderung damit, dass Streubomben auch weiterhin militärisch unverzichtbar seien. Die bundesdeutsche Delegation argumentierte nicht so, sondern vertrat lediglich die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie, auch künftig ungefährliche Streubombenmunition produzieren und exportieren zu können.

Diese Haltung stieß auf scharfe Kritik bei der norwegischen Regierung sowie bei der "Internationalen Koalition von Nichtregierungsorganisationen für ein Streubombenverbot".

Der Sprecher der "Aktion Landmine.de", Thomas Küchenmeister, kritisierte gegenüber der taz die Haltung der Bundesregierung: "Deutschland versucht, auf Zeit zu spielen. Einerseits tut die Bundesregierung so, als ob sie an einem Verbot interessiert ist. Aber tatsächlich will sie die Streumunitionsbestände der Bundeswehr und die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie schützen." Der militärische Nutzen einer Waffe, "deren Opfer zu 98 Prozent Zivilisten sind", sei nicht zu belegen.

Die nächste Verhandlungsrunde soll im Februar nächsten Jahres in Neuseeland stattfinden. Bis dahin soll eine Koordinationsgruppe aus Neuseeland, Norwegen, Österreich, Mexiko und Irland den Entwurf für ein Verbotsabkommen erarbeiten. Das Abkommen soll dann auf einer Konferenz im August in Irland verabschiedet werden. Die in Wien vertretenen Nichtregierungsorganisationen hoffen darauf, dass es Deutschland und den anderen Bremserstaaten nicht gelingt, ihre Ausnahmeforderungen für angeblich ungefährliche Streubomben durchzusetzen.