Teilerfolg bei Streubomben
Andreas Zumach
Eine Gruppe von Bremserstaaten unter Führung Deutschlands versucht weiterhin,
Ausnahmeregelungen gegen ein Totalverbot von Streubomben durchzusetzen.
Über zwei Drittel der 192 UNO-Staaten haben auf der am Freitag beendeten
Streubombenkonferenz in Wien ihre Bereitschaft zu einem Totalverbot dieser Waffen bis
spätestens August nächsten Jahres bekundet. Eine Gruppe von neun Staaten unter Führung
Deutschlands drang allerdings darauf, dass angeblich ungefährliche Streubomben mit einem
Selbstzerstörungsmechanismus auch weiterhin erlaubt bleiben sollen. Wegen des Mechanismus
sei bei ihnen die Gefahr nicht gegeben, dass Blindgänger für Zivilisten eine dauerhafte
Gefahr darstellten.
An der Wiener Konferenz nahmen 138 Staaten teil. Die einladende österreichische
Regierung hatte mit lediglich 100 Teilnehmerländern gerechnet. Rahmen der Verhandlungen
ist der sogenannte Osloprozess, den die norwegische Regierung im Februar diesen Jahres
initiiert hatte, nachdem Verhandlungen über ein Streubombenverbot im Rahmen der Genfer
UNO-Abrüstungskonferenz wegen des Widerstandes der drei ständigen Mitglieder des
Sicherheitsrates USA, China und Russland seit Jahren blockiert waren.
Während der Konferenz bekundeten Vertreter von 129 Staaten die Bereitschaft zu einem
lückenlosen Totalverbot des Einsatzes, der Entwicklung, Produktion, Lagerung sowie des
Exportes aller Varianten von Streubomben. Zudem sollen sich die Unterzeichnerstaaten eines
künftigen Abkommens dazu verpflichten, die Armeebestände an Streubomben innerhalb
weniger Jahre vollständig zu vernichten.
Ein entsprechendes Verbotsgesetz hatten am Donnerstagabend das österreichische
Parlament und bereits im letzten Jahr das Parlament in Belgien beschlossen.
Deutschland, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz, Tschechien, die Slowakei sowie
Finnland, Dänemark und Schweden wollen jedoch, dass angeblich ungefährliche Streubomben
mit Selbstzerstörungsmechanismen auch weiterhin erlaubt bleiben. Vor allem die britische
Regierung begründet diese Forderung damit, dass Streubomben auch weiterhin militärisch
unverzichtbar seien. Die bundesdeutsche Delegation argumentierte nicht so, sondern vertrat
lediglich die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie, auch künftig ungefährliche
Streubombenmunition produzieren und exportieren zu können.
Diese Haltung stieß auf scharfe Kritik bei der norwegischen Regierung sowie bei der
"Internationalen Koalition von Nichtregierungsorganisationen für ein
Streubombenverbot".
Der Sprecher der "Aktion Landmine.de", Thomas Küchenmeister, kritisierte
gegenüber der taz die Haltung der Bundesregierung: "Deutschland versucht, auf Zeit
zu spielen. Einerseits tut die Bundesregierung so, als ob sie an einem Verbot interessiert
ist. Aber tatsächlich will sie die Streumunitionsbestände der Bundeswehr und die
Interessen der deutschen Rüstungsindustrie schützen." Der militärische Nutzen
einer Waffe, "deren Opfer zu 98 Prozent Zivilisten sind", sei nicht zu belegen.
Die nächste Verhandlungsrunde soll im Februar nächsten Jahres in Neuseeland
stattfinden. Bis dahin soll eine Koordinationsgruppe aus Neuseeland, Norwegen,
Österreich, Mexiko und Irland den Entwurf für ein Verbotsabkommen erarbeiten. Das
Abkommen soll dann auf einer Konferenz im August in Irland verabschiedet werden. Die in
Wien vertretenen Nichtregierungsorganisationen hoffen darauf, dass es Deutschland und den
anderen Bremserstaaten nicht gelingt, ihre Ausnahmeforderungen für angeblich
ungefährliche Streubomben durchzusetzen.
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