Kriegspartei Deutschland
Die Regierung hat kein Konzept für die Einsätze der Bundeswehr
Kommentar von Andreas Zumach
Vom Oderbruch bis zum Hindukusch reichen die Aufgaben und Einsatzgebiete für deutsche
Soldaten. In den 16 Jahren seit Ende des Kalten Krieges sind sie immer weiter ausgedehnt
worden - von Bundesregierungen schwarz-gelber, rot-grüner und schwarz-roter Couleur. Doch
bis heute hat Deutschland kein schlüssiges Gesamtkonzept, in dem Ziel und Grenzen des
Einsatzes der bewaffneten Streitkräfte und die damit zu verfolgenden Interessen klar
definiert wären.
Das letzte Woche vorgelegte Weißbuch erfüllt diesen Anspruch jedenfalls nicht. Von
der viel beschworenen parlamentarischen Kontrolle der Auslandseinsätze der Bundeswehr
kann keine Rede sein. Denn bei fast allen, insbesonders den brisanten, den völkerrechts-
und grundgesetzwidrigen Einsätzen der Bundeswehr erwirkte die Regierung die Zustimmung
oder Duldung des Bundestages durch Lüge, Täuschung, Nötigung. Oder zumindest durch eine
unverantwortliche Verharmlosung der Lage in den künftigen Einsatzgebieten deutscher
Soldaten - so vor allem in Afghanistan.
"Deutschland ist Kriegspartei in Afghanistan", schreibt zutreffend der
ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Lothar Rühl, in der FAZ -
jener Zeitung, die wie keine andere seit 1990 für eine möglichst weitreichende
Ausdehnung der militärischen Handlungsfähigkeit Deutschlands plädiert. Wohlbegründet
prognostiziert Rühl, dass die bewaffneten Konflikte in allen, auch den bislang noch als
"ruhig" geltenden Regionen Afghanistans erheblich eskalieren werden. Die
Bundeswehr und die Nato-Verbündeten könnten diesen Krieg - wenn überhaupt - nur
gemeinsam gewinnen und nur nach einer erheblichen Verstärkung.
Angesichts dieser Herausforderung ist es völlig konzeptionslos, wenn der einstige
Befürworter der "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch", Peter Struck, und
sein Nachfolger Franz Josef Jung nun plötzlich eine "Überdehnung" der
Bundeswehr feststellen und dieses Problem durch den Abzug oder die Reduzierung deutscher
Soldaten in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo lösen wollen.
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