Eine klare Frist für Teheran
Der UN-Sicherheitsrat verlangt vom Iran, dass das Regime innerhalb von 30 Tagen seine
Urananreicherung einstellt
Andreas Zumach
Die Vorlage war klar: Unmittelbar vor dem gestrigen Treffen der Außenminister der
fünf Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) sowie
Deutschlands in Berlin über eine längerfristige Strategie im Streit über das iranische
Atomprogramm hat der UN-Sicherheitsrat erstmals Teheran eine klare Frist gesetzt.
In der Nacht zum Donnerstag beschloss der Rat, dass der Iran innerhalb von 30 Tagen
seine Urananreicherung einstellen soll. Die Fristsetzung ist der Kern einer von allen 15
Ratsmitgliedern im Konsens gebilligten Erklärung. Sie ist jedoch - im Unterschied zu
einer formalen Resolution - völkerrechtlich nicht verbindlich. Eine Androhung von
Sanktionen oder anderen Maßnahmen gegen Teheran enthält die Erklärung nicht.
US-Außenministerin Condoleezza Rice begrüßte die Erklärung des Sicherheitsrates
schnell als "wichtigen diplomatischen Schritt". Der Iran sei "nun stärker
isoliert als je zuvor". Teherans UNO-Botschafter Javad Zarif erklärte dagegen, sein
Land werde sich "keinem internationalem Druck beugen und nicht das Recht aufgeben zur
Produktion von Nuklearbrennstäben für ein friedliches Atomenergie-Programm".
Die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat und Deutschland hatten drei Wochen lang zähe
Verhandlungen geführt über einen von dem EU-Trio Frankreich, Großbritannien und
Deutschland vorgelegten und von den USA unterstützten Entwurf für die Ratserklärung.
Eine Einigung gelang erst, nachdem die vier westlichen Regierungen sämtlichen Einwänden
Russlands und Chinas gegen den Entwurf nachgegeben hatten.
Die jetzige Ratserklärung enthält jedoch weder eine Drohung mit Sanktionen gegen
Teheran noch die insbesondere von der Regierung Bush ursprünglich als
"unverzichtbar" bezeichnete Feststellung, das iranische Atomprogramm sei eine
"Bedrohung des Friedens und der internationalen Sicherheit" gemäß Kapitel 7
der UNO-Charta. Ohne zuvor eine entsprechende Feststellung getroffen zu haben, kann der
Sicherheitsrat jedoch keine zivilen oder militärischen Zwangsmaßnahmen gegen ein Land
beschließen. Wegen des Widerstands von Russland und China verzichteten die vier
westlichen Staaten auch auf ihre Forderung, Teheran nur 14 statt 30 Tage Zeit für
die Beendigung sämtlicher Aktivitäten (inklusive Forschungs- und Entwicklungsprogrammen)
im Zusammenhang mit der Anreicherung von Uran einzuräumen. Schließlich räumt die
Erklärung der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) in Wien eine wesentliche Rolle
beim weiteren Verlauf des Konflikts um das iranische Atomprogramm ein. Washington hatte
zunächst verlangt, dem Sicherheitsrat die alleinige Zuständigkeit für den Konflikt zu
übertragen.
Nach Ablauf der 30-Tages-Frist soll IAEA-Direktor Mohammed al-Baradei dem
Sicherheitsrat berichten, ob der Iran alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der
Urananreicherung eingestellt und auch alle anderen noch offenen Forderungen der IAEA
erfüllt hat. Eine volle und überprüfbare Einhaltung der Forderungen durch Teheran
könne dazu beitragen, eine diplomatische Lösung auf dem Verhandlungswege zu erreichen,
erklärte der Sicherheitsrat.
Unterdessen befürwortet Russland weiter einen Kompromiss, der dem Iran künftig
zumindest ein kleines, international scharf überwachtes Forschungsprogramm zur
Urananreicherung auf eigenem Territorium erlaubte. Die für die Produktion von Atomenergie
erforderliche Anreicherung in industriellem Ausmaß soll nach Moskaus Vorschlag in
Russland stattfinden. Die britische Regierung hatte jüngst in einem Schreiben an
Washington, Berlin und Paris den Vorschlag für direkte Verhandlungen mit Teheran unter
Beteiligung der USA lanciert. Das aber hat Washington bisher strikt abgelehnt - ebenso den
russischen Kompromissvorschlag.
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