Ein abschreckendes Beispiel
Kommentar von Andreas Zumach
Hat die israelische Luftwaffe absichtlich einen klar markierten und seit Jahren
etablierten UNO-Posten im Libanon angegriffen und dabei vier unbewaffnete UN-Beobachter
getötet? Die Indizien für diese Version, die dem UNO-Generalsekretär vorliegen, sind
offenbar so weitreichend, dass der sonst eher zu vorsichtig formulierende Kofi Annan von
einem "offensichtlich vorsätzlichen Angriff" spricht.
Allein: Auch noch so erdrückende Indizien sind noch kein endgültiger Beweis. Dazu
reicht auch nicht die Tatsache, dass die israelischen Streitkräfte in den vergangenen 28
Jahren nachweislich Posten der Unifil sowie von der UNO geführte Flüchtlingslager im
Libanon gezielt beschossen und dabei weit über 100 Menschen getötet haben.
Nicht völlig von der Hand zu weisen ist bislang die Spekulation, Israel habe bewusst
am Vorabend der Rom-Konferenz gezielt einen UNO-Posten beschossen, um dort unliebsame
Beschlüsse zu verhindern. Allerdings ist diese Version wenig überzeugend. Denn
unliebsame Beschlüsse in Rom musste die Regierung Olmert unter gar keinen Umständen
fürchten angesichts der klaren Unterstützung ihrer Position und all ihrer Vorbedingungen
für eine Waffenruhe sowie für die Stationierung einer internationalen Truppe durch die
USA, Deutschland und andere gewichtige Konferenzteilnehmer.
Richtig ist, dass die Präsenz der Unifil im Südlibanon von israelischen Soldaten so
manches Mal als Behinderung der eigenen militärischen Operationen empfunden wurde.
Durchaus möglich ist daher, dass der jüngste Beschuss des UNO-Postens allein von der
Besatzung des israelischen Kampfflugzeugs zu verantworten ist und nicht auf Befehl von
oben erfolgte.
Was immer die Untersuchung des Vorfalls schließlich ergeben wird, ob Absicht oder
Versehen: Mit Sicherheit wirkt die Tötung der vier UNO-Beobachter abschreckend auf alle
Staaten, die möglicherweise künftig vom UNO-Hauptquartier gebeten werden, sich mit
Soldaten und Zivilpersonal an einer eventuellen neuen und besser mandatierten UNO-Truppe
an der israelisch-libanesischen Grenze zu beteiligen. Und dieser Effekt dürfte der
israelischen Regierung durchaus willkommen sein.
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