TAZ
25. Januar 2006


Bei der CIA-Affäre wird fleißig gemauert

Andreas Zumach

Der Sonderermittler des Europarates, Dick Marty, legt einen Zwischenbericht zu der Verschleppung von Personen über europäische Flughäfen vor. Er kritisiert die Bundesregierung wegen der Behinderung seiner Aufklärungsbemühungen.

Der US-Geheimdienst CIA hat seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 mindestens 100 Personen illegal über europäische Flughäfen in Drittländer wie Ägypten und Syrien verschleppt, die für ihre Folterpraktiken bekannt sind. Das erklärte der Sonderermittler des Europarates, der Schweizer Dick Marty, in seinem gestern veröffentlichten Zwischenbericht. Marty wertete die Verschleppungen als "klaren Verstoß" gegen die Genfer Konventionen und andere völkerrechtlich verbindliche Bestimmungen. Es sei "höchst unwahrscheinlich", dass europäische Regierungen - zumindest ihre Geheimdienste - nichts von den Transfers der CIA-Gefangenen und ihrer Behandlungen gewusst hätten, erklärte Marty. "Der gesamte Kontinent" sei in die Vorwürfe verwickelt.

Den Regierungen Deutschlands und anderer EU-Staaten sowie der Bush-Administration in Washington warf Marty mangelnde Unterstützung seiner Ermittlungen vor. Wegen der unzureichenden Kooperation konnte der Sonderermittler bislang keine endgültigen Beweise für die Existenz von Haft- und Verhöreinrichtungen für die verschleppten Personen in europäischen Ländern vorlegen. Klarheit in dieser Frage erhofft sich Marty von den Logbüchern und Luftaufnahmen der Europäischen Agentur für Luftsicherheit, Eurocontrol, sowie des EU-Satellitenzentrums, die er bereits vor über zwei Monaten angefordert, aber erst am Montagabend erhalten hatte.

"Die Regierungen wollen nichts sagen, sie verstecken sich hinter dem Militärgeheimnis", kritisierte der Sonderermittler die Behinderung seiner Aufklärrungsbemühungen.

Die deutsche Regierung habe auf zahlreiche Fragen die Antwort verweigert mit dem Hinweis, Informationen über die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) dürfe nur der Kontrollausschuss des Bundestages erhalten. Das Luftfahrtbundesamt habe ihm zwar bestätigt, dass zwei mutmaßlich von der CIA gecharterte Maschinen 137- beziehungsweise 146-mal auf Flughäfen in Frankfurt, Berlin und dem US-Stützpunkt Ramstein gelandet seien. Informationen über die Identität der Passagiere seien ihm jedoch verweigert worden.

Polen habe dem Europarat die die Schlussfolgerungen eines Untersuchungsausschusses immer noch nicht übermittelt. Polen ist neben Rumänien eines der beiden Länder, für die die meisten Indizien vorliegen, dass dort zumindest zeitweise Haftzentren bestanden haben, in denen von der CIA verschleppte Personen verhört sowie möglicherweise misshandelt und gefoltert wurden.

Der Europarat hatte seine 46 Mitgliedsstaaten am 21. November letzten Jahres aufgefordert, innerhalb von drei Monaten alle Informationen über etwaige CIA-Aktivitäten auf ihrem Territorium vorzulegen. Nur eine Minderheit der Mitgliedsstaaten ist dieser Aufforderung bislang gefolgt. Spätestens nach Ablauf der Frist am 21. Februar wird Sonderermittler Marty einen weiteren Bericht vorlegen