Bei der CIA-Affäre wird fleißig gemauert
Andreas Zumach
Der Sonderermittler des Europarates, Dick Marty, legt einen Zwischenbericht
zu der Verschleppung von Personen über europäische Flughäfen
vor. Er kritisiert die Bundesregierung wegen der Behinderung seiner
Aufklärungsbemühungen.
Der US-Geheimdienst CIA hat seit den Terroranschlägen vom 11. September
2001 mindestens 100 Personen illegal über europäische Flughäfen
in Drittländer wie Ägypten und Syrien verschleppt, die für
ihre Folterpraktiken bekannt sind. Das erklärte der Sonderermittler
des Europarates, der Schweizer Dick Marty, in seinem gestern veröffentlichten
Zwischenbericht. Marty wertete die Verschleppungen als "klaren
Verstoß" gegen die Genfer Konventionen und andere völkerrechtlich
verbindliche Bestimmungen. Es sei "höchst unwahrscheinlich",
dass europäische Regierungen - zumindest ihre Geheimdienste -
nichts von den Transfers der CIA-Gefangenen und ihrer Behandlungen
gewusst hätten, erklärte Marty. "Der gesamte Kontinent"
sei in die Vorwürfe verwickelt.
Den Regierungen Deutschlands und anderer EU-Staaten sowie der Bush-Administration
in Washington warf Marty mangelnde Unterstützung seiner Ermittlungen
vor. Wegen der unzureichenden Kooperation konnte der Sonderermittler
bislang keine endgültigen Beweise für die Existenz von Haft-
und Verhöreinrichtungen für die verschleppten Personen in
europäischen Ländern vorlegen. Klarheit in dieser Frage
erhofft sich Marty von den Logbüchern und Luftaufnahmen der Europäischen
Agentur für Luftsicherheit, Eurocontrol, sowie des EU-Satellitenzentrums,
die er bereits vor über zwei Monaten angefordert, aber erst am
Montagabend erhalten hatte.
"Die Regierungen wollen nichts sagen, sie verstecken sich hinter
dem Militärgeheimnis", kritisierte der Sonderermittler die
Behinderung seiner Aufklärrungsbemühungen.
Die deutsche Regierung habe auf zahlreiche Fragen die Antwort verweigert
mit dem Hinweis, Informationen über die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes
(BND) dürfe nur der Kontrollausschuss des Bundestages erhalten.
Das Luftfahrtbundesamt habe ihm zwar bestätigt, dass zwei mutmaßlich
von der CIA gecharterte Maschinen 137- beziehungsweise 146-mal auf
Flughäfen in Frankfurt, Berlin und dem US-Stützpunkt Ramstein
gelandet seien. Informationen über die Identität der Passagiere
seien ihm jedoch verweigert worden.
Polen habe dem Europarat die die Schlussfolgerungen eines Untersuchungsausschusses
immer noch nicht übermittelt. Polen ist neben Rumänien eines
der beiden Länder, für die die meisten Indizien vorliegen,
dass dort zumindest zeitweise Haftzentren bestanden haben, in denen
von der CIA verschleppte Personen verhört sowie möglicherweise
misshandelt und gefoltert wurden.
Der Europarat hatte seine 46 Mitgliedsstaaten am 21. November letzten
Jahres aufgefordert, innerhalb von drei Monaten alle Informationen
über etwaige CIA-Aktivitäten auf ihrem Territorium vorzulegen.
Nur eine Minderheit der Mitgliedsstaaten ist dieser Aufforderung bislang
gefolgt. Spätestens nach Ablauf der Frist am 21. Februar wird
Sonderermittler Marty einen weiteren Bericht vorlegen
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