UNO kuscht vor George Bush
Generalsekretär Kofi Annan und sein Nachfolger Ban Ki Moon machen enge Parteifreundin
des US-Präsidenten zur neuen Chefin des Welternährungsprogramms
Andreas Zumach
Nach massivem Druck und finanzieller Erpressung durch die Bush-Administration hat
UNO-Generalsekretär Kofi Annan entgegen seinen ursprünglichen Absichten die
US-Amerikanerin Josette Sheeran zur neuen Direktorin des Welternährungsprogramms (WFP) ab
April 2007 berufen. Sie ist eine rechtskonservative Republikanerin und enge
Parteigängerin des US-Präsidenten und derzeit als Unterstaatssekretärin im
US-Außenministerin für Wirtschafts- und Landwirtschaftsfragen zuständig für die
Exportinteressen der US-Agrarindustrie.
Bis 1996 war Sheeran viele Jahr lang Mitglied der Vereinigungskirche des Südkoreaners
Sun Myung Moon (Moon-Sekte) und bis 1997 Redakteurin der im Besitz von Moon befindlichen
Zeitung Washington Times. Sheeran trug mit dazu bei, dass die Zeitung zum
publizistischen Flaggschiff der rechten Republikaner und der Bush-Administration wurde.
Noch bevor UNO-Generalsekretär Annan seine Personalentscheidung bekannt geben konnte,
verkündete US-Botschafter John Bolton "die sehr gute Nachricht für die USA" am
Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz.
Noch bis Donnerstag vergangene Woche hatten an der Spitze von Annans Kandidatenliste
zwei hoch angesehene und mit der Arbeit des WFP seit vielen Jahren vertraute Fachleute
gestanden: der Direktor der Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit im Schweizer
Außenministerium, Walter Fust, sowie der Leiter des WFP-Regionalbüros in Asien, der
US-Amerikaner Tony Banbury. Der derzeitige WFP-Direktor James T. Morris, ebenfalls ein
US-Bürger, hatte öffentlich erklärt, entscheidend bei der Wahl seines Nachfolgers sei,
dass das Amt an den bestqualifizierten Kandidaten gehe und nicht, dass es, wie in den
vergangenen 14 Jahren, mit einem US-Amerikaner besetzt werde.
Morris hatte den Schweizer Fust im Sommer dieses Jahres zur Kandidatur ermuntert. Annan
traf seine für viele UNO-Mitarbeiter und -Diplomaten überraschende Entscheidung für
Sheeran auf dringenden Rat seines südkoreanischen Nachfolgers Ban Ki Moon sowie auf
Empfehlung des Direktors der mit dem Welternährungsprogramm eng verbundenen
UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO), Jacques Diouf. Diouf, ein
Senegalese, erhielt am Donnerstag vergangener Woche einen Anruf von Bush. Dieser drohte
mit einer massiven Kürzung der US-Beiträge an das WFP und die FAO, sollte Sheeran nicht
zur WFP-Direktorin berufen werden. Ähnliche Drohungen äußerte US-Botschafter Bolton in
einem Gespräch mit Ban Ki Moon.
Die USA finanzieren 42 Prozent des diesjährigen WFP-Budgets in Höhe von 2,8
Milliarden Dollar sowie ein Viertel des Haushalts der FAO (766 Millionen Dollar). Zudem
stammen 32 Prozent der Getreidelieferungen des WFP an bedürftige Länder aus
Produktionsüberschüssen der US-Agrarindustrie. Das WFP verteilt derzeit Nahrungsmittel
an rund 97 Millionen Menschen in 82 Ländern.
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