WTO-Verhandlungen sind gescheitert
Andreas Zumach
Eigentlich sollte auf der Tagung des Generalrates den Ministern der Weg zum Erfolg bei
der Doha-Runde geebnet werden. Doch wieder einmal gab es keine Einigung in den
entscheidenden Fragen. Einige Organisationen begrüßen das Scheitern.
Der Generalrat der Welthandelsorganisation (WTO) hat gestern dreitägige Verhandlungen
in Genf ohne greifbare Ergebnisse beendet. Größter Streitpunkt unter den Botschaftern
und Handelsbeauftragten der 148 WTO-Mitglieder waren - wie fast immer seit Ende der
80er-Jahre - die Agrarsubventionen von Europäischer Union und den USA.
Die Tagung des Generalrates, des höchsten Gremiums zwischen den Ministertreffen der WTO,
hätte den Weg ebnen sollen für konkrete Vereinbarungen beim nächsten
WTO-Ministertreffen Mitte Dezember in Hongkong. Mit diesem Ministertreffen sollte nach
bisherigen Planungen die 2001 in Doha (Katar) eingeläutete "Entwicklungsrunde"
erfolgreich abgeschlossen werden, bei der laut offizieller Verlautbarung die Anliegen der
ärmeren Länder vorrangig berücksichtigt werden sollen. Da die reichen Industriestaaten
dieses Versprechen von Doha nicht einlösten, scheiterte bereits das letzte
Ministertreffen 2003 in Cancun (Mexiko).
Seitdem hat sich nur wenig bewegt. Die EU und die USA haben sich inzwischen zwar
prinzipiell bereit erklärt zum Abbau ihrer Agrarexportsubventionen sowie von
produktionssteigernden internen Beihilfen für ihre Bauern. Konkrete Verpflichtungen sind
Brüssel und Washington bislang aber nicht eingegangen, und die Detailvorschläge, die die
EU und die USA zu diesem Thema bislang auf den Tisch gelegt haben, sind aus Sicht der
Länder des Südens völlig unzureichend.
Auf ähnliche Kritik treffen die bisherigen Angebote der Industriestaaten zur Senkung von
Zöllen und anderen Einfuhrhemnissen für landwirtschaftliche Produkte aus den
Südländern. Letztere sind unter diesen Umständen nicht bereit, ihre Zölle für
Industriegüter aus dem Norden zu senken. Mit dem Vorschlag für neue
Verhandlungsmodalitäten, in denen sie Mindestforderungen für
Liberalisierungszugeständnisse fordert, erhöhte die EU beim Thema Gats ihrerseits den
Druck insbesondere auf die wirtschaftlich stärkeren Entwicklungsländer.
Für das Scheitern der WTO-Tagung machten die zahlreichen in Genf anwesenden
globalierungskritischen Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt übereinstimmend die
Positionen der reichen Industriestaaten verantwortlich. Unterschiede gab es allerdings in
der Bewertung dieses Scheiterns.
Am deutlichsten begrüßte Attac Deutschland, "dass die Verhandlungen des
WTO-Generalrates ohne Ergebnisse zu Ende gegangen sind und somit eine weitere
Verschärfung der WTO-Abkommen zunächst verhindert wurde". Die "Strategie der
EU, Scheinkompromisse ohne wirkliche Zugeständnisse anzubieten, geht offensichtlich nicht
auf", erklärte Alexis Passadakis, der Handelsexperte in der WTO-AG von Attac.
Auch Muhammed Ikhwan, Sprecher des internationalen Kleinbauernnetzwerkes Via Campesina,
begrüßte das Scheitern, da "der neoliberale Konsens in der WTO die Durchsetzung von
Konzerninteressen im Welthandel" bedeute. Damit würde "eine Politik weiter
zementiert, die Verarmung, Entrechtung und Enteignung für viele Menschen insbesondere im
Globalen Süden" bringe.
Der Evangelische Entwicklungsdienst sowie der Lutherische Weltbund hingegen kritisierten
und bedauerten das Scheitern von Genf und forderten die WTO-Mitglieder auf, gerechte
Welthandelsregeln zu vereinbaren.
Weed analysierte in ihrer Stellungnahme zwar die Gründe des Scheiterns, enthielt sich
aber einer Bewertung.
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