TAZ
30. Juli 2005


WTO-Verhandlungen sind gescheitert

Andreas Zumach

Eigentlich sollte auf der Tagung des Generalrates den Ministern der Weg zum Erfolg bei der Doha-Runde geebnet werden. Doch wieder einmal gab es keine Einigung in den entscheidenden Fragen. Einige Organisationen begrüßen das Scheitern.

Der Generalrat der Welthandelsorganisation (WTO) hat gestern dreitägige Verhandlungen in Genf ohne greifbare Ergebnisse beendet. Größter Streitpunkt unter den Botschaftern und Handelsbeauftragten der 148 WTO-Mitglieder waren - wie fast immer seit Ende der 80er-Jahre - die Agrarsubventionen von Europäischer Union und den USA.

Die Tagung des Generalrates, des höchsten Gremiums zwischen den Ministertreffen der WTO, hätte den Weg ebnen sollen für konkrete Vereinbarungen beim nächsten WTO-Ministertreffen Mitte Dezember in Hongkong. Mit diesem Ministertreffen sollte nach bisherigen Planungen die 2001 in Doha (Katar) eingeläutete "Entwicklungsrunde" erfolgreich abgeschlossen werden, bei der laut offizieller Verlautbarung die Anliegen der ärmeren Länder vorrangig berücksichtigt werden sollen. Da die reichen Industriestaaten dieses Versprechen von Doha nicht einlösten, scheiterte bereits das letzte Ministertreffen 2003 in Cancun (Mexiko).

Seitdem hat sich nur wenig bewegt. Die EU und die USA haben sich inzwischen zwar prinzipiell bereit erklärt zum Abbau ihrer Agrarexportsubventionen sowie von produktionssteigernden internen Beihilfen für ihre Bauern. Konkrete Verpflichtungen sind Brüssel und Washington bislang aber nicht eingegangen, und die Detailvorschläge, die die EU und die USA zu diesem Thema bislang auf den Tisch gelegt haben, sind aus Sicht der Länder des Südens völlig unzureichend.

Auf ähnliche Kritik treffen die bisherigen Angebote der Industriestaaten zur Senkung von Zöllen und anderen Einfuhrhemnissen für landwirtschaftliche Produkte aus den Südländern. Letztere sind unter diesen Umständen nicht bereit, ihre Zölle für Industriegüter aus dem Norden zu senken. Mit dem Vorschlag für neue Verhandlungsmodalitäten, in denen sie Mindestforderungen für Liberalisierungszugeständnisse fordert, erhöhte die EU beim Thema Gats ihrerseits den Druck insbesondere auf die wirtschaftlich stärkeren Entwicklungsländer.

Für das Scheitern der WTO-Tagung machten die zahlreichen in Genf anwesenden globalierungskritischen Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt übereinstimmend die Positionen der reichen Industriestaaten verantwortlich. Unterschiede gab es allerdings in der Bewertung dieses Scheiterns.

Am deutlichsten begrüßte Attac Deutschland, "dass die Verhandlungen des WTO-Generalrates ohne Ergebnisse zu Ende gegangen sind und somit eine weitere Verschärfung der WTO-Abkommen zunächst verhindert wurde". Die "Strategie der EU, Scheinkompromisse ohne wirkliche Zugeständnisse anzubieten, geht offensichtlich nicht auf", erklärte Alexis Passadakis, der Handelsexperte in der WTO-AG von Attac.

Auch Muhammed Ikhwan, Sprecher des internationalen Kleinbauernnetzwerkes Via Campesina, begrüßte das Scheitern, da "der neoliberale Konsens in der WTO die Durchsetzung von Konzerninteressen im Welthandel" bedeute. Damit würde "eine Politik weiter zementiert, die Verarmung, Entrechtung und Enteignung für viele Menschen insbesondere im Globalen Süden" bringe.

Der Evangelische Entwicklungsdienst sowie der Lutherische Weltbund hingegen kritisierten und bedauerten das Scheitern von Genf und forderten die WTO-Mitglieder auf, gerechte Welthandelsregeln zu vereinbaren.

Weed analysierte in ihrer Stellungnahme zwar die Gründe des Scheiterns, enthielt sich aber einer Bewertung.