TAZ
19. September 2005


Punktsieg für Teheran

IAEA: USA und EU werden keine Befassung des UN-Sicherheitsrates mit Irans Atomprogramm beantragen

Andreas Zumach

Die USA und die EU werden entgegen allen anders lautenden Ankündigungen bei der heutigen Sitzung des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien keinen Antrag stellen, Iran wegen seines umstrittenes Atomprogramms vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen. Das bestätigten US-amerikanische und europäische Diplomaten gegenüber der taz. Grund ist die Einschätzung, dass die Chance auf eine Mehrheit oder einen Konsens unter den 35 Mitgliedstaaten des Gouverneursrates nach der Rede des iranischen Präsidenten Mahsuf Ahmadinedschad vom Samstag vor der UNO-Generalversammlung eher noch geringer geworden sind.

Ahmadinedschad hatte erklärt, bei der Umsetzung des Programms zur Urananreicherung sei die Islamische Republik Iran "bereit zu einer ernsthaften Partnerschaft mit dem privaten und öffentlichen Sektor anderer Länder". Vor der Rede hatten iranische Diplomaten gegenüber Journalisten erläutert, Teheran sei bereit zu Jointventures mit privaten oder staatlichen Unternehmen aus der EU, Südafrika, China oder Russland. Durch die Beteiligung an Irans Programm zu Urananreicherung erhalte die internationale Gemeinschaft die Sicherheit, dass das Programm ausschließlich zivilen Zwecken der nuklearen Energiegewinnung diene und nicht zur Entwicklung von Atomwaffen.

Eine ähnliches Angebot hatte Teheran bei Verhandlungen mit dem EU-Trio Frankreich, Großbritannien und Deutschland sowie Gesprächen mit US-Offiziellen gemacht. Washington und das EU-Trio hatten abgelehnt, da Iran wegen früherer Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag nicht zu trauen sei.

Auch die Rede Ahmadinedschads stieß in Washington und der EU auf negative Reaktionen. "Iran hat sich keinen Dienst erwiesen", erklärte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Bundesaußenminister Joschka Fischer nannte die Rede "alles andere als hilfreich." - "Eine Überweisung des Themas Iran an den UN-Sicherheitsrat bleibt auf der Tagesordnung", sagte Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy. Eine EU-Sprecherin hatte erklärt, die Rede von Irans Präsident lasse "keine Alternative, als die Angelegenheit an die UNO zu verweisen". Ein entsprechender Antrag im Gouverneursrat der IAEA könne mit einer Mehrheit von "mindestens 20" der 35 Mitgliedstaaten rechnen, hatten EU-Diplomaten vor der Rede erklärt.

Nach der Rede scheint Washington und Brüssel nicht einmal diese knappe Mehrheit mehr sicher. Denn die New Yorker Diplomaten zahlreicher Mitgliedstaaten des Gouverneursrates reagierten positiver als die USA und die EU. Das Angebot Irans verdiene eine "ernsthafte Prüfung und könne "einen Ausweg aus der Sackgasse bieten", lautete der Tenor der Reaktionen.