Punktsieg für Teheran
IAEA: USA und EU werden keine Befassung des UN-Sicherheitsrates mit Irans Atomprogramm
beantragen
Andreas Zumach
Die USA und die EU werden entgegen allen anders lautenden Ankündigungen bei der
heutigen Sitzung des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in
Wien keinen Antrag stellen, Iran wegen seines umstrittenes Atomprogramms vor den
UNO-Sicherheitsrat zu bringen. Das bestätigten US-amerikanische und europäische
Diplomaten gegenüber der taz. Grund ist die Einschätzung, dass die Chance auf eine
Mehrheit oder einen Konsens unter den 35 Mitgliedstaaten des Gouverneursrates nach der
Rede des iranischen Präsidenten Mahsuf Ahmadinedschad vom Samstag vor der
UNO-Generalversammlung eher noch geringer geworden sind.
Ahmadinedschad hatte erklärt, bei der Umsetzung des Programms zur Urananreicherung sei
die Islamische Republik Iran "bereit zu einer ernsthaften Partnerschaft mit dem
privaten und öffentlichen Sektor anderer Länder". Vor der Rede hatten iranische
Diplomaten gegenüber Journalisten erläutert, Teheran sei bereit zu Jointventures mit
privaten oder staatlichen Unternehmen aus der EU, Südafrika, China oder Russland. Durch
die Beteiligung an Irans Programm zu Urananreicherung erhalte die internationale
Gemeinschaft die Sicherheit, dass das Programm ausschließlich zivilen Zwecken der
nuklearen Energiegewinnung diene und nicht zur Entwicklung von Atomwaffen.
Eine ähnliches Angebot hatte Teheran bei Verhandlungen mit dem EU-Trio Frankreich,
Großbritannien und Deutschland sowie Gesprächen mit US-Offiziellen gemacht. Washington
und das EU-Trio hatten abgelehnt, da Iran wegen früherer Verstöße gegen den
Atomwaffensperrvertrag nicht zu trauen sei.
Auch die Rede Ahmadinedschads stieß in Washington und der EU auf negative Reaktionen.
"Iran hat sich keinen Dienst erwiesen", erklärte US-Außenministerin
Condoleezza Rice. Bundesaußenminister Joschka Fischer nannte die Rede "alles andere
als hilfreich." - "Eine Überweisung des Themas Iran an den UN-Sicherheitsrat
bleibt auf der Tagesordnung", sagte Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy.
Eine EU-Sprecherin hatte erklärt, die Rede von Irans Präsident lasse "keine
Alternative, als die Angelegenheit an die UNO zu verweisen". Ein entsprechender
Antrag im Gouverneursrat der IAEA könne mit einer Mehrheit von "mindestens 20"
der 35 Mitgliedstaaten rechnen, hatten EU-Diplomaten vor der Rede erklärt.
Nach der Rede scheint Washington und Brüssel nicht einmal diese knappe Mehrheit mehr
sicher. Denn die New Yorker Diplomaten zahlreicher Mitgliedstaaten des Gouverneursrates
reagierten positiver als die USA und die EU. Das Angebot Irans verdiene eine
"ernsthafte Prüfung und könne "einen Ausweg aus der Sackgasse bieten",
lautete der Tenor der Reaktionen.
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