TAZ
17. September 2005


Zerpflückt, gestrichen, verwässert

War der UN-Milleniumsgipfel ein Erfolg? Nein

Andreas Zumach

War der New Yorker UNO-Gipfel erfolgreich oder ist er gescheitert? Die Antwort auf diese Frage hängt wesentlich vom angelegten Maßstab ab. Nachdem die Bush-Administration verlangt hatte, jegliche Erwähnung der Millenniumsziele zur Bekämpfung der Armut aus der Abschlusserklärung des Gipfels zu streichen, ist es natürlich ein Erfolg, dass diese Ziele in dem gestern verabschiedeten Dokument doch wenigstens Erwähnung finden - als "eines von verschiedenen international vereinbarten Entwicklungsvorhaben".

Gemessen an den festen Verpflichtungen auf die Millenniumsziele und den konkreten Maßnahmen zu ihrer fristgemäßen Umsetzung, die UNO-Generalsekretär Kofi Annan den Mitgliedsstaaten in seinem Reformpaket vom März dieses Jahres vorgeschlagen hatte, sind die Formulierungen der Gipfelerklärung allerdings ein Rückschritt. Der Verweis darauf, dass die Industriestaaten einige Maßnahmen zur Armutsbekämpfung in den letzten eineinhalb Jahren nur angekündigt haben, weil sie unter dem Druck des bevorstehenden UNO-Gipfels standen, lässt offen, ob und wann diese Maßnahmen auch umgesetzt werden.

Die Bewertung des Gipfels kann sich auch nicht auf die Frage beschränken, was er für die Umsetzung der Millenniumsziele erbracht hat. Generalsekretär Annan hatte die Maßnahmen zur Überwindung von Armut und Unterentwicklung zu Recht und sehr geschickt strategisch verknüpft mit einem verbesserten Menschenrechtsschutz, nuklearer und konventioneller Abrüstung, der effektiveren Bekämpfung des Terrorismus sowie verstärkten Anstrengungen zu Umwelt- und Klimaschutz. Zudem hatte Annan institutionelle Reformen vorgeschlagen, die die Handlungsfähigkeit des kollektiven Systems der UNO bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen stärken sollen. Doch die Mitgliedsstaaten - in erster Linie die USA und dann auch andere - haben das Reformpaket des Generalsekretärs entgegen seiner ausdrücklichen Mahnung auseinander genommen, einige Teile (zum Beispiel zur Abrüstung) ganz gestrichen und die meisten anderen stark verwässert. Deshalb ist der New Yorker UNO-Gipfel gescheitert.