TAZ
04. Februar 2005


UNO-Funktionäre belastet

Andreas Zumach

Der erste Untersuchungsbericht über die Abwicklung des UNO-Programms "Öl für Nahrungsmittel" im Irak legt schwer wiegende Managementfehler offen. Keine Kritik an Generalsekretär Kofi Annan.

Bei der Durchführung des Programms "Öl für Nahrungsmittel" (ÖfN) der UNO im Irak ist es zu "erheblichen Managementfehlern gekommen", die zur Verschwendung vieler Millionen US-Dollar führten. UNO-interne Regeln, die Fairness, Transparenz und zeitnahe Rechenschaftslegung bei der Umsetzung von Programmen sicherstellen sollen, wurden "nicht befolgt". Zu diesem Ergebnis kommt eine von UNO-Generalsekretär Kofi Annan im vergangenen April berufene unabhängige Untersuchungskommission unter Vorsitz des ehemaligen US-Notenbankchefs Paul Volcker in ihrem am Donnerstag veröffentlichten ersten Bericht.

Der Bericht enthält keine Kritik an Annan selbst. Erheblich belastet werden aber der ehemalige Leiter des für das ÖfN-Programm zuständigen "Irak-Büros" in der New Yorker UNO-Zentrale, Benon Sevan, sowie ein weiterer hoher UNO-Funktionär, Joseph Stephanides, der beim Sicherheitsrat für die politische Kontrolle des Programms zuständig war. Aussagen zu Kofi Annans Sohn Kojo, der früher bei einer Genfer Inspektionsfirma angestellt war, die im Auftrag der UNO die Abwicklung des ÖfN-Programms überwachte, finden sich in dem Bericht nicht. Die Untersuchung der Rolle Kojo Annans werde von der Kommission fortgesetzt, erklärte Volcker.

Das ÖfN-Programm wurde Mitte 1996 vom UNO-Sicherheitsrat etabliert, um die Versorgung der unter UN-Wirtschaftssanktionen leidenden irakischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen humanitären Gütern zu verbessern. Unter dem bis zum Irakkrieg vom März 2003 laufenden Programm war es dem Regime Saddam Husseins erlaubt, eine bis Mitte 1998 zunächst limitierte und danach unbegrenzte Menge Öl zu verkaufen. Die Einnahmen - in knapp 7 Jahren rund 64 Milliarden US-Dollar - gingen auf ein UNO-Konto bei einer Pariser Bank. Das Regime in Bagdad konnte bei Firmen im Ausland humanitäre Güter bestellen. Nach Genehmigung durch den Sicherheitsrat wurden diese in den Irak geliefert und aus dem Pariser UNO-Konto bezahlt.

Der Bericht kritisiert, dass der suspendierte Leiter des Irak-Büros Sevan "nachweislich" persönlich an der Auswahl von Firmen beteiligt war, die irakisches Öl kauften. Damit habe sich Sevan in einen "schwer wiegenden Interessenkonflikt begeben" und gegen "spezifische UN-Regeln verstoßen". Außerdem habe er die "zentrale Verantwortung eines internationalen Beamten nicht erfüllt, die höchsten Integritätsstandards einzuhalten".

Der Bericht kritisiert auch die "mangelnde Transparenz" bei der Verwendung und Abrechnung der Verwaltungskosten des ÖfN-Programms in Höhe von insgesamt 1 Milliarde Dollar, von denen rund 40 Prozent in Sevans Büro anfielen. Dem ebenfalls suspendierten Stephanides hält der Bericht vor, er habe nicht dafür gesorgt, dass die vom Sicherheitsrat aufgestellten Bestimmungen für den Ölverkauf, den Ankauf humanitärer Güter und für die Auswahl von Inspektionsfirmen zur Überwachung der Abwicklung des ÖfN-Programms im Irak "auch eingehalten" wurden. Aus über 50 internen Kontrollberichten, die die Volcker-Kommission bereits im Dezember veröffentlicht hatte, geht hervor, dass die drei von der UNO beauftragten Inspektionsfirmen zahlreiche Fehler und Betrügereien begangen haben.