Weltbank an Bush, WTO für Europa
Damit Europa den umstrittenen Irak-Krieger Paul Wolfowitz als neuen Bankchef
unterstützt, wollen die USA den Franzosen Pascal Lamy an die Spitze der
Welthandelsorganisation hieven. Auch UNDP und OECD könnten europäische Chefs bekommen.
Andreas Zumach
Mit einem umfangreichen Geschäft auf Gegenseitigkeit haben die USA Paul Wolfowitz als
neuen Chef der Weltbank durchgesetzt. Die von vielen Nichtregierungsorganisationen (NROs)
kritisierte Zustimmung der EU-Regierungen zu Wolfowitz ist Ergebnis einer Absprache
zwischen Washington, Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten über die Besetzung
einer Reihe wichtiger internationaler Posten. Nach übereinstimmenden Informationen
amerikanischer und europäischer Diplomaten war Washingtons wichtigste
"Gegenleistung" für Europas Ja zu Wolfowitz die Unterstützungszusage der
Bush-Admistration für Pascal Lamy, den Kandidaten der EU für den im Sommer neu zu
besetzenden Posten des Generaldirektors der Welthandelsorganisation (WTO).
Der als neokonservativer Befürworter des Irakkrieges bekannte Wolfowitz ist am
Donnerstagabend zum Chef der Weltbank gewählt worden. Das transatlantische Personalpaket
war im Wesentlichen bereits während des Europa-Besuchs von US-Präsident George Bush Ende
Februar geschnürt worden. Als Bush Wolfowitz Mitte März offiziell als Kandidaten für
die Weltbank-Präsidentschaft nominierte, hatte er die Zusage der EU bereits in der
Tasche. Die verhaltene Kritik, die danach noch aus den Reihen einiger europäischer
Regierungen zu hören war, "war nur noch Theaterdonner", erklärte ein
EU-Diplomat eines führenden Landes. Die Brüsseler "Befragung" von Wolfowitz
sei "nur noch eine Farce gewesen".
Für die Nachfolge von WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi (Thailand), der zum
31. August aus dem Amt scheidet, gibt es vier Bewerber. Bislang schien das Rennen offen.
Beim auf politische Wettbewerbe spezialisierten Londoner Buchmacherbüro Ladbrokes lag bis
Donnerstag der frühere WTO-Botschafter Uruguays, Carlos Pérez del Castillo, mit 5/4 in
Führung vor EU-Kandidat Lamy (5/2) sowie dem von China unterstützten WTO-Botschafter
Brasiliens, Luiz Felipe de Seixas Corrêa (4/1) und dem mauritischen Außenminister Jaya
Krishn Cuttaree (ebenfalls 4/1). Die Bush-Administration hat die drei Bewerber aus dem
Süden inzwischen wissen lassen, dass sie den EU-Kandidaten Lamy unterstützt.
Zum Zweiten hat die Bush-Administration Brüssel zugesagt, dass auch der derzeit
verwaiste Direktorposten beim UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) mit einem Europäer besetzt
werden kann. In der EU gibt es die Hoffnung, das UNDP könne notfalls ein Gegengewicht
gegen die Politik der Weltbank bilden. Seit Gründung des UNDP war der Posten - ähnlich
wie die Präsidentschaft der Weltbank - eine feste Domäne der USA. Dritter Teil der
transatlantischen Personalabsprache ist die Vergabe des wichtigsten
Vizepräsidenten-Postens bei der Weltbank an Frankreich. Zudem signalisierte die
Bush-Administration ihre Bereitschaft, auch den im nächsten Jahr neu zu besetzenden
Chefposten bei der OECD in Paris den Europäern zu überlassen. Damit wurden die anfangs
erheblichen Bedenken der Pariser Regierung gegen Wolfowitz schließlich überwunden. Aus
Berlin habe es "zu keinem Zeitpunkt" nennenswerte Bedenken gegeben, heißt es in
EU-Diplomatenkreisen. Offensichtlich habe die Bundesregierung sich die erhoffte
Unterstützung der USA für einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat nicht
verscherzen wollen.
|