Frieden gegen Verantwortung
Irak: Bush will die Rückkehr der UNO um im Amt zu bleiben
Andreas Zumach
Die Bush-Administration war gewarnt. Schon im Frühsommer letzten Jahres
hatten Kenner der Lage im Irak vorausgesagt, es werde früher
oder später zum politischen Aufstand der Schiiten gegen die Besatzer
kommen. Dass dieser Widerstand sich an der Frage der Machtverteilung
im Irak entzünden würde, war absehbar, als Washingtons Irak-Statthalter
Paul Bremer im Herbst seinen Stufenplan für die teilweise Machtübergabe
an eine provisorische Regierung vorlegte, die weiterhin wesentlich
von den Besatzungsmächten kontrolliert werden sollte. Nun, da
Bush im Irak mit dem Rücken zur Wand steht, sollen ihm die Vereinten
Nationen die Wiederwahl im November sichern.
Nur darum geht es bei den Wünschen um eine Vermittlerrolle der
UNO und um die Rückkehr ihres humanitären Personals nach
Bagdad, die Bremer in New York dem UNO-Generalsekretär Kofi Annan
vorgetragen hat. Doch Annan sollte diesen Giftkelch zurückweisen
und stattdessen die Forderung nach allgemeinen, freien und geheimen
Wahlen im Irak bis spätestens Mitte des Jahres deutlich und öffentlich
unterstützen. Das sei aus "organisatorischen Gründen"
nicht möglich, behaupten die Bush-Administration und ihre Vasallen
im Bagdader Regierungsrat. Doch das ist nur ein Vorwand, um eigene
Macht, Einfluss und Pfründe zu sichern.
Generalsekretär Annan sollte zugleich jegliche künftige
Rolle der UNO im Irak davon abhängig machen, dass der Weltorganisation
die volle Verantwortung für die gesamte Übergangszeit bis
zur Etablierung einer frei gewählten Regierung in Bagdad übertragen
wird. Zugleich müssen die Besatzungstruppen zumindest weitgehend
abziehen. Das ist unverändert das einzige Szenario, das zumindest
die Chance auf eine Befriedung und Stabilisierung der Situation im
Irak enthält.
Und erst nach einer zumindest deutlichen Verbesserung der Sicherheitslage
kann realistischerweise mit einer Wiederaufnahme der humanitären
Arbeit der UNO im Irak gerechnet werden. Denn in dieser Frage sind
Annan seit den Anschlägen auf die Bagdader UNO-Zentrale im Herbst
letzten Jahres die Hände gebunden - durch seine Mitarbeiter,
die seinerzeit den Abzug des UNO-Personals erzwungen hatten.
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