TAZ
11. Juni 2004


G-8 Gipfel: Die Transatlantischen Differenzen bestehen weiter

Einig uneinig

Andreas Zumach

Die am Dienstag, gerade noch rechtzeitig vor Beginn des G-8-Gipfels einstimmig verabschiedete Irakresolution der UNO hatte Illusionen geschürt. "Wir wollen nun alle Spannungen der Vergangenheit hinter uns lassen!", hatte Tony Blair noch zum Auftakt der elitären Herrenrunde gefordert. Doch daraus ist nichts geworden. Auch die hemdsärmelige Lässigkeit, mit der "Görhard" und "George" dem jeweils heimischen Wahlpublikum ihre neu begründete Freundschaft demonstrieren wollten, konnte die sachlichen Differenzen bei den meisten Gipfelthemen kaum schmälern.

Der Bundeskanzler hat die vom US-Präsidenten so dringend geforderte "verstärkte Rolle" der Nato im Irak weiter kompromisslos abgelehnt. Zudem mit Unterstützung nicht nur Frankreichs, sondern auch Kanadas und der Türkei. Und das völlig zu Recht. Denn die US-geführte Militärallianz könnte auch mit einem gemeinsamen Einsatz im Irak nicht mehr ausrichten als ihre dort derzeit (noch) mit Besatzungstruppen vertretenen Mitglieder.

Gescheitert ist Gipfel-Gastgeber Bush auch mit seiner Forderung nach einem schnellen und weitgehenden Erlass der 120 Milliarden Dollar Auslandsschulden des Irak. Deutschland, Frankreich, Russland und die anderen Gegner dieser Forderung sollten es allerdings nicht bei der reinen, öffentlich schwer vermittelbaren Ablehnung belassen. Stattdessen sollten sie die USA und Großbritannien zu großzügigen Reparationszahlungen für die Schäden auffordern, die sie in ihrem völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak angerichtet haben. Zudem müssten Berlin, Paris und Moskau dem Irak zumindest die Schulden erlassen, die das Regime von Saddam Hussein dem Land in den 80er-Jahren durch umfangreiche Rüstungskäufe in Deutschland, Frankreich und der Sowjetunion aufgebürdet hat.

Die nach langem Streit verabschiedete Gipfel-Initiative zur "Stabilisierung und Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens" ist ein substanzloser Formelkompromiss zwischen USA und EU. Er kann die weiter bestehenden Meinungsverschiedenheiten nicht verdecken.