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TAZ
08. Mai 2002 |
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Aufbau ohne Störmanöver
Die USA wollen keinen Strafgerichtshof. Das hat auch Vorteile
Andreas Zumach
Präsident Bush hat entschieden, die von seinem
Amtsvorgänger Clinton geleistete Unterschrift der USA unter das
Statut für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH)
zurückzuziehen. Vollständig aus diesem historischen Projekt
auszusteigen, ist formalrechtlich zwar legitim. Doch der Vorgang ist
beispiellos in der Völkerrechtsgeschichte seit Gründung der
UNO im Jahre 1945. Und auch zu Zeiten des UNO-Vorgängers
Völkerbund hat nur das Hitler-Regime dieses Mittel
gewählt.
Jetzt ermuntert die Bush-Administration zur Gesetzlosigkeit.
Saddam Hussein und die Regierungen der anderen 51 von insgesamt 190
UNO-Staaten, die eine Unterschrift unter das IStHG-Statut bislang
verweigern, werden in ihrer Haltung bestärkt. Der Kongress in
Washington dürfte nun noch vor der Sommerpause ein Gesetz
verabschieden, das in seiner Arroganz ebenfalls bislang ohne Beispiel
ist. Der Entwurf ermöglicht der Administration die
Verhängung von Strafen und Sanktionen - sowohl gegen die bislang
66 Staaten, die das IStGH-Statut ratifiziert haben, als auch gegen
Nichtmitglieder, sollten diese mit dem Gerichtshof kooperieren, indem
sie beispielsweise angeklagte Personen ausliefern. Damit wächst
der Druck auf die 71 UNO-Staaten, die das Statut bisher zwar
unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, ihren Beitritt zum
IStGH weiter hinauszuschieben.
Doch auch unter diesen Bedingungen haben die 66 IStGH-Mitglieder
überhaupt keine Alternative, als beharrlich mit dem Aufbau des
Gerichtshofs fortzufahren. Der Bush-Entscheidung zum jetzigen
Zeitpunkt lassen sich sogar gute Seiten abgewinnen. Ankläger und
Richter für den IStGH können in den kommenden Monaten ohne
Einflussnahme und Störmanöver der USA ausgewählt und
berufen werden. Je besser der Aufbau des IStGH gelingt, je
überzeugender seine ersten Verfahren ausfallen, desto
größer wird in den nächsten Jahren der Beitrittsdruck
auf die USA. Denn so wie Bush die Entscheidung Clintons kann auch ein
künftiger US-Präsident die Entscheidung Bushs wieder
revidieren.
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