TAZ
13. Oktober 2001

 

Warten auf den Durchbruch

Auf der Welthandelskonferenz in Katar gibt es bislang nur Kompromissangebote, aber keine Einigung in den großen Konfliktbereichen. Nun droht eine Verlängerung

Andreas Zumach

Die ursprünglich bis heute Nachmittag anberaumte Ministerkonferenz der Welthandelskonferenz (WTO) in Doha muss vermutlich bis mindestens morgen verlängert werden - bei keinem der sechs zentralen Konfliktthemen gibt es bislang eine Einigung. Als verfrüht erwiesen sich Meldungen, dass in der Nacht zum Montag eine Einigung über den Patentschutz für Medikamente erzielt worden sei.

Die USA, Japan und die Schweiz bestanden zu Konferenzbeginn darauf, dass Patentrechte uneingeschränkt durchgesetzt werden müssten. Die Länder des Südens unter Führung Brasiliens, Indiens und Südafrikas forden hingegen Vorrang für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und insbesondere die gesicherte Versorgung aller Bedürftigen mit Medikamenten. Eine Kompromissvorlage sah vor, dass der Patentschutz nicht generell, aber doch bei akuten Krisen wie Seuchen zurückstehen müsse. Die US-Delegation hatte Zustimmung signalisiert, wurde jedoch von der Bush-Adminsitration zurückgepfiffen. Auch Indien erklärte, dass es den Kompromiss nicht mitgetragen hätte. Die EU hat keine gemeinsame Position. Schweden und Finnland sympathisieren mit der Haltung der Entwicklungsländer, Deutschland ist nah an der Position der USA, Japans und der Schweiz, Großbritannien neutral.

Risse innerhalb der EU zeigen sich auch beim Thema Landwirtschaft. Im Entwurf für die Abschlusserklärung lautet die von der EU abgelehnte Formulierung, "Exportsubventionen" sollten "reduziert werden mit Blick auf ihren Abbau". Um eine Brücke zu bauen, schlug Kanada den Zusatz vor, damit sei "keine Eliminierung" der Subventionen gemeint. Deutschland und eine Reihe weiterer EU-Staaten halten diesen Vorschlag für akzeptabel, Frankreich lehnt ihn ab.

Vermutlich scheitern wird die EU mit ihrer Forderung, dass eine in Doha zu beschließende neue Welthandelsrunde auch über neue Themen wie Investitionen und Wettbewerbsregeln verhandeln soll. Das gleiche gilt für ihre Bestrebungen, neue Zielvorgaben für die WTO-Arbeitsgruppen zu beschließen, die bereits seit Jahren ohne Verhandlungsmandat und erkennbare Fortschritte über Umwelt- und Sozialstandards diskutieren.

Die gemeinsame Hauptforderung der über 100 Entwicklungsländer nach erleichterten Bedingungen für die Umsetzung der Abkommen aus früheren WTO-Runden, ist laut afrikanischen Delegierten von den Industriestaaten bis gestern "nicht ernsthaft aufgegriffen" worden. Diplomaten aus EU-Staaten erklären hingegen, 50 der 106 Erleichterungsanträge würden "in Doha positiv erledigt".

Nichtregierungsorganisationen aus Afrika, den USA und der EU warfen den Industriestaaten vor, die Länder des Südens "mit Drohungen und Bestechung zu Zugeständnissen zu nötigen". Konkrete Fälle wollten sie auf Nachfrage nicht nennen, da "sonst die betroffenen Staaten noch stärker unter Druck" gerieten.