TAZ
26. Juli 2000
 

Big Business als UNO-Partner

Durch eine Übereinkunft mit 50 Konzernen will Generalsekretär Kofi Annan die Umsetzung internationaler Standards wie Menschenrechte oder das Verbot der Kinderarbeit fördern. Kritiker befürchten einen "Ausverkauf" der Weltorganisation

Andreas Zumach

Durch eine Übereinkunft mit global tätigen Wirtschaftsunternehmen, die heute in New York von zunächst 50 Konzernen unterzeichnet werden soll, will UNO-Generalsekretär Kofi Annan die Umsetzung internationaler Umwelt-, Sozial- und Menschrechtsstandards fördern. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NRO) befürchten einen "Ausverkauf der UNO an Big Business".

Der UNO-Generalsekretär hatte seine Initiative Anfang 1999 auf dem Davoser Weltwirtschaftsforum unter dem Titel "Global Compact" lanciert. Nach Vorstellung Annans sollen sich "die Haupakteure und bisherigen Hauptprofiteure der Globalisierung" dazu verpflichten, neun Prinzipien in ihrem Unternehmensbereich umzusetzen sowie in den Ländern öffentlich zu unterstützen, in denen sie wirtschaftlich tätig sind. Die Prinzipien basisieren auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, den sechs Kernarbeits-und Sozialnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie auf der Abschlusserklärung der Umwelt-und Entwicklungskonferenz der UNO in Rio de Janeiro 1992.

Danach sollen die Unternehmen in ihrem Einflussbereich international vereinbarte Menschenrechte respektieren und unterstützen. Sie sollen sicherstellen, dass sie nicht zu Komplizen von Menschenrechtsverletzungen werden sowie die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung garantieren. Alle Formen von Sklaven-und Zwangsarbeit sollen abgeschafft und die Kinderarbeit beseitigt werden. Diskriminierung am Arbeitsplatz soll ein Ende finden. Außerdem sollen ein rücksichtsvoller Umgang mit der Umwelt unterstützt und eine größere Verantwortung für die Umwelt propagiert werden. Schließlich soll die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien gefördert werden.

Zu den zunächst 50 Konzernen, die dem "Global Compact" heute beitreten wollen und damit offiziell zum "UN-Partner" werden, gehören DaimlerChrysler, Deutsche Bank, Unilever, Shell, BPAmoco, Errisson, Nike , ABB, Credit Suisse und UBS. Im Gegenzug erhalten die Konzerne von der UNO - erstmals in der Geschichte der Weltorganisation - das Recht, das international geschützte UN-Emblem in ihrer Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden. Im Laufe der Vorverhandlungen mit den Unternehmen hatte Annan überdies seine Unterstützung für weitere Liberalisierung des Welthandels zugesagt.

Im "Global Compact" ist kein Mechanismus zur Überwachung der Einhaltung der neun Prinzipien vorgesehen. In Vorfeld der heutigen Unterzeichnungszeremonie hatten zahlreiche Unternehmen sowie die einflussreiche Internationale Handelskammer (ICC) ihre Unterschrift davon abhängig gemacht, dass der "Global Compact" "keine neuen, verbindlichen Regeln und Einschränkungen enthält".

Annan hatte seine Initiative u.a. mit der mangelnden Bereitschaft der UN-Mitgliedsstaaten begründet, Vereinbarungen zur Überwindung von Armut, Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen umzusetzen und die UNO durch geeignete Reformmaßnahmen und verstärkte materielle Zuwendungen wieder handlungsfähiger zu machen.

Das UN-kritische "Global Policy Forum" (GBF) in New York und zahlreiche andere NRO sehen im "Global Compact" einen ersten Schritt "zum Ausverkauf der UNO an Big Business". Mit dem UN-Emblem erhielten die Konzerne ohne substanzielle Gegenleistungen die Möglichkeit zur Verbesserung ihres Image, erklärte GPF-Direktor James Paul.