Kooperativer Geist über allem
Bilanz der Genfer Minenkonferenz: Beachtliche Erfolge bei der
Räumung und der Vernichtung von Antipersonenminen. Schattenseite
der Bilanz: die Antifahrzeugminen
Andreas Zumach
Eine internationale Konferenz ohne konkrete
Beschlüsse. Und dennoch sprechen alle Teilnehmer -Diplomaten wie
Nichtregierungsorganisationen (NRO) - von einem Erfolg: Dieses
seltene Bild bot sich gestern in Genf zum Abschluss der Konferenz der
Staaten, die bislang der Konvention zum Verbot von Antipersonenminen
(APM) beigetreten sind. Nach Ansicht ihres norwegischen Vorsitzenden,
Botschafter Steffen Kongstad, "spiegelt die Konferenz den
kooperativen Geist aller Beteiligten" wider. Und beim
Presseauftritt mit Kongstad äußerte Jody Williams,
Sprecherin der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen
(ICBL), "große Zufriedenheit". Im Vergleich zu
anderen internationalen Abkommen ist die Bilanz der im Dezember 1999
in Kraft getretenen APM-Konvention überdurchschnittlich gut: 139
Länder haben die Konvention bislang unterzeichnet.
Völkerrechtlich verbindliche Ratifikationen liegen aus 107
Staaten vor. Von keinem der 107 Länder ist ein Verstoß
gegen das Verbot von Entwicklung, Produktion, Einsatz oder Export von
APM bekannt geworden. 20 Regierungen erfüllten ihre
Verpflichtung zur vollständigen Vernichtung aller
APM-Vorräte innerhalb von vier Jahren sowie zur Räumung
aller Minenfelder binnen zehn Jahren bereits vollständig, 24
Länder stehen kurz davor.
Williams verschwieg auch die Schattenseiten nicht - darunter vor
allem die "gefährlichste Lücke" der
APM-Konvention. Zahlreiche Industriestaaten des Nordens entwickeln,
produzieren und verlegen weiterhin Antifahrzeugminen, die nicht nur
von Panzern, sondern auch von Schulbussen ausgelöst werden
können. Viele dieser Minen sind mit Antipersonenminen zum Schutz
gegen eine Räumung durch den militärischen Gegner
ausgerüstet. Zumindest solche Minen, bei denen derartige
Schutzvorrichtungen auch unbeabsichtigt ausgelöst werden
können, sind durch die APM-Konvention verboten. Einige Staaten -
darunter Italien und Kanada - haben daraus die Konsequenzen gezogen
und wenigstens diese Antifahrzeugminen vernichtet. Deutschland und
andere Vertragsstaaten verweigern diese Maßnahme bislang.
Große Sorgen bereiten einige der Staaten, die der Konvention
noch nicht beigetreten sind und in jüngster Zeit
Antipersonenminen in bewaffneten Konflikten eingesetzt haben, wie
Angola und Russland. Bei seinem kürzlichen Treffen mit
EU-Vertretern verteidigte Russlands Präsident Putin den Einsatz
von APMs im Tschetschenienkrieg ausdrücklich. China, mit einer
Beobachterdelegation in Genf vertreten, hat zumindest seit 1995 den
Export von APMs eingestellt und beteiligt sich finanziell an
Minenräumprogrammen.
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