NDRinfo - Interview
11. Februar 2005


Nordkorea hat die Bombe - Internationale Auswirkungen


Nun hat die Regierung Nordkoreas das zugegeben, was die USA ihr schon lange unterstellen. Nordkorea hat Atombomben. Auch die Gespräche über das Atomprogramm, die sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche mit Russland, China, Japan, Südkorea und den USA, hat Nordkorea bis auf weiteres verlassen. Fragen dazu an Ottfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit.


NDR Info: Herr Nassauer, bedeutet es wirklich eine neue Qualität, dass Nordkorea, als ein Land unter vielen anderen, nun auch die Atombombe hat?

Nassauer: Die Bedeutung der Entscheidung Nordkoreas liegt erstens darin, dass es sich zeigt, dass die Druckpolitik der USA, Nordkorea mit allen Mitteln daran zu hindern, die Atomwaffe zu bauen, nicht funktioniert hat. Es zeigt zweitens, dass eine Situation entstehen kann, und zwar in Blick auf den Fernen Osten, dass sich auch weitere Länder überlegen, ob sie jetzt wegen Nordkorea die nukleare Option wieder aufleben lassen sollen. Ich denke da nur an einen Staat wie Japan. Drittens, es bedeutet natürlich eine Verschärfung der Konfrontation in Ostasien im allgemeinen Sinne, und es bedeutet viertens, eine komplexe, schwierige Situation für die Volksrepublik China, die ja ein Nachbar Nordkoreas ist, und die damit in Nordkorea einen Staat vorfindet, dessen Verhalten sie auch als Nuklearmacht versuchen muss zu beeinflussen.


NDR Info: Glauben Sie denn tatsächlich, dass Nordkorea die Atombombe gebaut hat? Ein so abgeschottetes Land, das so arm ist?

Nassauer: Es ist seit Jahren umstritten, ob Nordkorea wirklich die Atomwaffe hat. Es gibt Gerüchte, dass sie es können, es gibt Gerüchte, dass sie sie seit einigen Jahren haben. Mit letzter Sicherheit kann man es nicht sagen. Aber wenn Nordkorea jetzt sagt, dass es sie hat, dann kann es einerseits sozusagen psychologische Kriegsführung sein, es kann aber auch auf der anderen Seite auch wirklich der Realität entsprechen, weil die Voraussetzungen hinsichtlich des Nuklearmaterials gegeben sind. Und damit ist in der Tat eine Situation eingetreten, in der sich für die Nachbarn eine psychologisch neue Qualität ergibt, nicht unbedingt eine faktisch neue, aber eine psychologisch neue.


NDR Info: Gibt es denn noch jemanden, der die Chance hätte, auf Nordkorea nun einzuwirken, doch die Finger zu lassen von Atombomben?

Nassauer: Diese Chance gibt es im Prinzip schon. Das wären vor allem die Chinesen und die Russen. Das Problem besteht nur darin, solange die Amerikaner da nicht mitspielen und da voll hinter stehen, wenn jemand versucht, da zu vermitteln, ist es für Nordkorea eine schwierige Situation. Genau wie im Falle des Irans geht es ja letztlich darum, dass dieses Land auch eine Sicherheitsgarantie gegen einen potentiellen amerikanischen Angriff bekommt. Das Problem auf nordkoreanischer Sicht besteht darin, dass die Kombination aus mit am Tisch sitzen und immer auch mal wieder mit einer militärischen Überraschung zu drohen oder Nordkorea sozusagen an den Pranger zu stellen, das passt mit den nordkoreanischen Bildern nicht zusammen, und deswegen sagen sie, mit dieser Administration werden wir auch in der zweiten Wahlperiode nicht klar kommen.


NDR Info: Halten Sie es denn für möglich, das die USA einen Schlag durchführen würde gegen Nordkorea?

Nassauer: Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass die Amerikaner gegen die Nordkoreaner mit militärischen Mitteln vorgehen, aus zwei Gründen. Der eine ist so ähnlich wie beim Iran, es ist technisch sehr schwierig, und er zweite besteht darin, dass es auch innenpolitisch für George W. Bush ziemlich kompliziert wäre, für einen Militärschlag gegen Nordkorea eine Mehrheit innenpolitisch zusammen zu kriegen. Das dürfte deswegen schwierig sein, weil die christlich Rechte, also die Mehrheit der Wähler von George W. Bushs, einen Krieg und außenpolitisches Engagement mit militärischen Mitteln im Fernen Osten, im Gegensatz zum Nahen Osten, wohl kaum billigen würde. Im Nahen Osten geht es ja immer auch um die Sicherung des Existenzrechts Israels, und da sind natürlich die christlichen Rechten durchaus eher für zu gewinnen, als für einen Waffengang im Fern-Ost.


 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS