Nicht eingeknickt - Obama stoppt Raketenabwehr in Europa
Interview mit Otfried Nassauer
FTD: Hat Obama mit der Absage des Raketenschilds russischem Druck nachgegeben?
Nassauer: Obama ist nicht eingeknickt. Er hat eine Ankündigung aus dem Wahlkampf eingehalten und das Projekt auf
Notwendigkeit und Machbarkeit überprüft. Er muss aufpassen,
dass ihm die Falken in den USA nicht vorwerfen, eingeknickt zu sein. Schon im Haushalt für 2010 zeichnete sich das Ende des Projekts ab.
Laut Obamas Experten bestehe vorerst noch keine Gefahr durch iranische
Langstreckenraketen
Nassauer: Das Raketenprogramm des Irans wurde schon
unter George W. Bush kontrovers diskutiert. Bush neigte zur alarmistischen
Interpretation, da er einen großen Faible für die Raketenabwehr
hatte. Der Iran wird noch lange brauchen, bis er Interkontinentalraketen
bauen kann, die einen Atomsprengkopf tragen könnten. Derzeit hat
er sogar noch Probleme, Mittelstreckenraketen zu bauen, die zielgenau
über 2000 Kilometer fliegen können. Obama will die Raketenabwehr
auf solche naheliegenden Bedrohungen umsteuern.
Müssen Polen oder Tschechien sich ohne den Raketenschild stärker
bedroht fühlen?
Nassauer: Wenn es keine Bedrohung durch iranische Raketen
gibt, müssen sie auch nichts befürchten. Aber die Sorgen dieser
Länder richten sich ja eher gegen Russland und verstärkten damit
Moskaus Befürchtung, die Raketenabwehr sei gegen Russland gerichtet.
Kann Obama nun hoffen, dass Russland ihm auf anderen Gebieten Zugeständnisse
macht?
Nassauer: Russland und die USA haben beide ein großes
Interesse an einem neuen Start-Abkommen über die Abrüstung atomarer
Waffen. Das Ende des Raketenschilds wird das Klima verbessern. Das räumt
eine wichtige Hürde weg.
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Das Interview führte Stefan
Schaaf |
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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