Überflüssiges Kampfflugzeug?
SPD will einen Teil der bestellten Eurofighter loswerden
Andreas Flocken
Der Eurofighter ist ein umstrittenes Flugzeug. Zum einen, weil er
extrem teuer ist. Der deutsche Steuerzahler muss für die bestellten 180
Flugzeuge immerhin knapp 15 Milliarden Euro bezahlen - in der Grundversion
und ohne Bewaffnung. Mit allen Extras kommt man derzeit sogar auf rund 25
Milliarden Euro. Ein anderer Kritikpunkt ist, dass die Planungen des
Flugzeugs, das einmal Jäger 90 hieß, bis in die Zeit des
Ost-West-Konflikts zurückgehen. Die Maschine war ursprünglich dafür
gedacht, die zahlreichen MiG-Kampfflugzeuge des Warschauer Paktes im Falle
einer militärischen Auseinandersetzung abzufangen. Doch solche
Bedrohungsszenarien gibt es nicht mehr. Die sicherheitspolitische
Landschaft hat sich gravierend verändert. So genannte asymmetrische
Konflikte sind die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. D.h.
die Bedrohung geht weniger von Staaten als vielmehr von nichtstaatlichen
Akteuren wie Terroristen und Aufständischen aus.
Die SPD-Verteidigungspolitiker sind sich daher einig: Deutschland
braucht nicht alle bestellten 180 Eurofighter. Der Bundestag hat zwar für
den 1997 offiziell unterschriebenen Eurofighter-Vertrag schon vor geraumer
Zeit grünes Licht gegeben. Doch da der vereinbarte Kostenrahmen bei den
letzten 68 Maschinen, Experten sprechen von der dritten Tranche,
überschritten wird, ist für diese Teillieferung jetzt erneut die
Zustimmung des Parlaments notwendig. Die SPD will nun statt 68 nur noch 34
Maschinen abnehmen. Der SPD-Verteidigungsexperte Klaus-Peter Bartels
fordert daher Verhandlungen mit dem Rüstungskonzern EADS:
O-Ton Bartels:
"Wir wären da auch nicht allein. Auch die Briten, auch die
Italiener haben inzwischen andere Planungen für ihre Luftstreitkräfte.
Sie würden gerne reduzieren, haben unterschiedliche Wege dabei im Auge.
Also da müsste man sich zusammensetzen."
Denn der Eurofighter ist ein multinationales Rüstungsprojekt. Doch der
Hersteller verweist auf bestehende Verträge. Bei Nichtabnahme ist
Schadenersatz fällig. Allerdings hat die Bundeswehr bei EADS auch noch
andere milliardenteure Waffensysteme bestellt. Und hier läuft nicht alles
nach Plan. Manche Systeme werden nur mit erheblicher Zeitverzögerung
ausgeliefert. Ob sie dann über die vertraglich zugesagten Eigenschaften
verfügen, das muss sich auch erst noch zeigen. Daher könnte sich mancher
eine Art Deal mit dem Rüstungskonzern vorstellen. Der
SPD-Verteidigungspolitiker Bartels:
O-Ton Bartels:
"EADS ist Vertragspartner beim A400M, ist der
Hauptanteilseigner bei den Hubschrauberprogrammen, Tiger, NH 90, MH 90,
ist im MEADS-Programm vertreten und wäre auch betroffen, wenn wir in
die Entwicklung eines neuen, schweren Transporthubschraubers einsteigen,
der ja dringend gebraucht wird. Also es gäbe schon genug, was man auf
den Tisch legen könnte, nebeneinander legen kann und sagen kann, was
ist bisher geleistet worden. Und es hat auch Schlechtleistungen der
Industrie gegeben bei einzelnen Programmen. Insofern glaube ich, können
wir auf ein Entgegenkommen beim Eurofighter schon hoffen."
Doch noch sträubt sich der Rüstungskonzern EADS. Man versteckt sich
dabei gerne hinter der Luftwaffe. Die will nämlich auf keinen einzigen
der bestellten 180 Eurofighter verzichten. Die Zahl sei das
sicherheitspolitische Minimum. Andernfalls könne man der Bundesregierung
und auch den NATO-Partnern die zugesagten militärischen Fähigkeiten
nicht mehr anbieten. Außerdem wäre die mühsam ausgearbeitete künftige
Struktur der Luftstreitkräfte nur noch Makulatur. Denn 34 Eurofighter
weniger würden den Verzicht auf ein ganzes Geschwader bedeuten. Die
Folge: Die Schließung von Standorten.
Doch die von den Militärs für notwendig erachteten Fähigkeiten und
Kapazitäten sind nicht immer nachvollziehbar. Es ist noch gar nicht so
lange her, da wurden bei der Beschaffung der neuen Transportflugzeuge vom
Typ A400M zunächst genau 73 Maschinen für unabdingbar gehalten.
Inzwischen ist die Luftwaffe auch mit den jetzt bestellten 60 Transportern
zufrieden. Von einer Fähigkeitslücke wird nicht mehr gesprochen.
Die noch ausstehenden 68 Eurofighter sollen knapp 5 Milliarden Euro
kosten. Über die mögliche Kostenersparnis, sollte Deutschland nur noch
34 Maschinen abnehmen, macht sich der SPD-Abgeordnete Bartels keine
Illusionen:
O-Ton Bartels:
"Wenn wir die halbe Stückzahl abnehmen in der dritten
Tranche, wird es nicht eine Halbierung des Preises sein. Das ist
unrealistisch. Aber es wird billiger."
Der Parlamentarier rechnet mit einer Kostenersparnis im
Milliardenbereich. Hinzu käme eine deutliche Reduzierung der laufenden
Ausgaben für den Supervogel. Denn die Betriebskosten eines Geschwaders
belaufen sich nach einer Faustformel auf eine weitere Milliarde. Und 34
Eurofighter weniger bedeutet die Auflösung eines der zurzeit fünf
Kampfgeschwader.
Während die Oppositionsparteien den Eurofighter-Vorstoß der SPD
begrüßen, hüllt sich der Koalitionspartner, die Unionsfraktion, in
Schweigen. Die Sozialdemokraten werten das aber nicht unbedingt als
Ablehnung. Im Gegenteil:
O-Ton Bartels:
"Ich glaube, es wären nicht alle Kollegen in der
Unionsfraktion unglücklich, wenn es so kommen würde, wie wir
vorschlagen. Und ich glaube auch, mit dieser Forderung aus dem
Parlament, aus der Koalition, vergrößern wir den Verhandlungsspielraum
der Regierung - international und gegenüber der Industrie."
Doch die Bundesregierung hält sich offiziell zurück, will sich
international offenbar noch nicht positionieren. Zunächst hatte es
geheißen, der Haushaltsausschuss, werde noch vor der Sommerpause über
die dritte Eurofighter-Tranche entscheiden. Inzwischen ist jedoch
absehbar, dass dies frühestens in der zweiten Jahreshälfte geschehen
wird. Zeit genug, über den Eurofighter, die Stückzahl und das eine oder
andere Rüstungsprojekt gründlich nachzudenken.
Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung
"Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.
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