Gastbeitrag
Streitkräfte und Strategien - NDR info
03. Mai 2008


Überflüssiges Kampfflugzeug?

SPD will einen Teil der bestellten Eurofighter loswerden

Andreas Flocken

Der Eurofighter ist ein umstrittenes Flugzeug. Zum einen, weil er extrem teuer ist. Der deutsche Steuerzahler muss für die bestellten 180 Flugzeuge immerhin knapp 15 Milliarden Euro bezahlen - in der Grundversion und ohne Bewaffnung. Mit allen Extras kommt man derzeit sogar auf rund 25 Milliarden Euro. Ein anderer Kritikpunkt ist, dass die Planungen des Flugzeugs, das einmal Jäger 90 hieß, bis in die Zeit des Ost-West-Konflikts zurückgehen. Die Maschine war ursprünglich dafür gedacht, die zahlreichen MiG-Kampfflugzeuge des Warschauer Paktes im Falle einer militärischen Auseinandersetzung abzufangen. Doch solche Bedrohungsszenarien gibt es nicht mehr. Die sicherheitspolitische Landschaft hat sich gravierend verändert. So genannte asymmetrische Konflikte sind die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. D.h. die Bedrohung geht weniger von Staaten als vielmehr von nichtstaatlichen Akteuren wie Terroristen und Aufständischen aus.

Die SPD-Verteidigungspolitiker sind sich daher einig: Deutschland braucht nicht alle bestellten 180 Eurofighter. Der Bundestag hat zwar für den 1997 offiziell unterschriebenen Eurofighter-Vertrag schon vor geraumer Zeit grünes Licht gegeben. Doch da der vereinbarte Kostenrahmen bei den letzten 68 Maschinen, Experten sprechen von der dritten Tranche, überschritten wird, ist für diese Teillieferung jetzt erneut die Zustimmung des Parlaments notwendig. Die SPD will nun statt 68 nur noch 34 Maschinen abnehmen. Der SPD-Verteidigungsexperte Klaus-Peter Bartels fordert daher Verhandlungen mit dem Rüstungskonzern EADS:

O-Ton Bartels:
"Wir wären da auch nicht allein. Auch die Briten, auch die Italiener haben inzwischen andere Planungen für ihre Luftstreitkräfte. Sie würden gerne reduzieren, haben unterschiedliche Wege dabei im Auge. Also da müsste man sich zusammensetzen."

Denn der Eurofighter ist ein multinationales Rüstungsprojekt. Doch der Hersteller verweist auf bestehende Verträge. Bei Nichtabnahme ist Schadenersatz fällig. Allerdings hat die Bundeswehr bei EADS auch noch andere milliardenteure Waffensysteme bestellt. Und hier läuft nicht alles nach Plan. Manche Systeme werden nur mit erheblicher Zeitverzögerung ausgeliefert. Ob sie dann über die vertraglich zugesagten Eigenschaften verfügen, das muss sich auch erst noch zeigen. Daher könnte sich mancher eine Art Deal mit dem Rüstungskonzern vorstellen. Der SPD-Verteidigungspolitiker Bartels:

O-Ton Bartels:
"EADS ist Vertragspartner beim A400M, ist der Hauptanteilseigner bei den Hubschrauberprogrammen, Tiger, NH 90, MH 90, ist im MEADS-Programm vertreten und wäre auch betroffen, wenn wir in die Entwicklung eines neuen, schweren Transporthubschraubers einsteigen, der ja dringend gebraucht wird. Also es gäbe schon genug, was man auf den Tisch legen könnte, nebeneinander legen kann und sagen kann, was ist bisher geleistet worden. Und es hat auch Schlechtleistungen der Industrie gegeben bei einzelnen Programmen. Insofern glaube ich, können wir auf ein Entgegenkommen beim Eurofighter schon hoffen."

Doch noch sträubt sich der Rüstungskonzern EADS. Man versteckt sich dabei gerne hinter der Luftwaffe. Die will nämlich auf keinen einzigen der bestellten 180 Eurofighter verzichten. Die Zahl sei das sicherheitspolitische Minimum. Andernfalls könne man der Bundesregierung und auch den NATO-Partnern die zugesagten militärischen Fähigkeiten nicht mehr anbieten. Außerdem wäre die mühsam ausgearbeitete künftige Struktur der Luftstreitkräfte nur noch Makulatur. Denn 34 Eurofighter weniger würden den Verzicht auf ein ganzes Geschwader bedeuten. Die Folge: Die Schließung von Standorten.

Doch die von den Militärs für notwendig erachteten Fähigkeiten und Kapazitäten sind nicht immer nachvollziehbar. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden bei der Beschaffung der neuen Transportflugzeuge vom Typ A400M zunächst genau 73 Maschinen für unabdingbar gehalten. Inzwischen ist die Luftwaffe auch mit den jetzt bestellten 60 Transportern zufrieden. Von einer Fähigkeitslücke wird nicht mehr gesprochen.

Die noch ausstehenden 68 Eurofighter sollen knapp 5 Milliarden Euro kosten. Über die mögliche Kostenersparnis, sollte Deutschland nur noch 34 Maschinen abnehmen, macht sich der SPD-Abgeordnete Bartels keine Illusionen:

O-Ton Bartels:
"Wenn wir die halbe Stückzahl abnehmen in der dritten Tranche, wird es nicht eine Halbierung des Preises sein. Das ist unrealistisch. Aber es wird billiger."

Der Parlamentarier rechnet mit einer Kostenersparnis im Milliardenbereich. Hinzu käme eine deutliche Reduzierung der laufenden Ausgaben für den Supervogel. Denn die Betriebskosten eines Geschwaders belaufen sich nach einer Faustformel auf eine weitere Milliarde. Und 34 Eurofighter weniger bedeutet die Auflösung eines der zurzeit fünf Kampfgeschwader.

Während die Oppositionsparteien den Eurofighter-Vorstoß der SPD begrüßen, hüllt sich der Koalitionspartner, die Unionsfraktion, in Schweigen. Die Sozialdemokraten werten das aber nicht unbedingt als Ablehnung. Im Gegenteil:

O-Ton Bartels:
"Ich glaube, es wären nicht alle Kollegen in der Unionsfraktion unglücklich, wenn es so kommen würde, wie wir vorschlagen. Und ich glaube auch, mit dieser Forderung aus dem Parlament, aus der Koalition, vergrößern wir den Verhandlungsspielraum der Regierung - international und gegenüber der Industrie."

Doch die Bundesregierung hält sich offiziell zurück, will sich international offenbar noch nicht positionieren. Zunächst hatte es geheißen, der Haushaltsausschuss, werde noch vor der Sommerpause über die dritte Eurofighter-Tranche entscheiden. Inzwischen ist jedoch absehbar, dass dies frühestens in der zweiten Jahreshälfte geschehen wird. Zeit genug, über den Eurofighter, die Stückzahl und das eine oder andere Rüstungsprojekt gründlich nachzudenken.

 


 

Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.