Israel will Geld für deutsche Kriegsschiffe:
U-Boote und Raketenkorvette auf der Wunschliste
von Otfried Nassauer
Ungemach droht Kanzlerin Angela Merkel bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen
am Montag. Dafür sorgen die Gäste. Benjamin Netanjahu, Israels
Regierungschef und sein Verteidigungsminister Ehud Barak wollen in Deutschland
ein sechstes Dolphin-U-Boot und möglicherweise auch zwei hochmoderne
Raketenabwehrkorvetten bestellen. Ein Milliardengeschäft für
die deutsche Marineindustrie. Aber das devisenschwache Land kann die teuren
Kriegsschiffe alleine nicht bezahlen. Seit Wochen werden deshalb in Israel
Meldungen lanciert, man verhandle bereits über die Finanzierung mit
Deutschland. Morgen erwarte man eine Einigung – zumindest über das
U-Boot. Im Klartext: Über den Beitrag des deutschen Steuerzahlers,
über Millionen Geld aus dem Bundeshaushalt. Öffentlich will
die Bundesregierung von solchen Gesprächen nichts wissen: Es würden
„diesbezüglich keine Gespräche unter Beteiligung der Bundesregierung
geführt“, beschied Wirtschaftsstaatsekretär Bernd Pfaffenbach
noch am 29. Dezember Omid Nouripour, den verteidigungspolitischen Sprecher
der Grünen. Schon möglich, denn Israel muss zunächst die
Preisverhandlungen mit der Industrie beenden. Erst dann können Gespräche
mit der Bundesregierung über einen möglichen Kostenbeitrag aus
dem Bundeshalt geführt werden.
Doch ein klares Nein zu den israelischen Forderungen dürfte der
Bundesregierung schwer fallen. Aus außen- wie industriepolitischen
Gründen. Einerseits gehört die „besondere Verantwortung“ der
Bundesrepublik für die „Existenz Israels“ seit vielen Jahren zu den
Paradigmen von Bundesregierungen aller Coloeur. Seit Helmut Kohl Israel
1991 die Lieferung von drei Dolphin-U-Booten zusagte, ist sogar die Lieferung
von vollständigen Kriegswaffen an den Staat im nahöstlichen
Krisengebiet kein Tabu mehr. Mit rund 900 Millionen €uro hat die Bundesrepublik
seither die Beschaffung von fünf Dolphin-U-Booten durch Israel direkt
aus dem Bundeshaushalt subventioniert. Indirekt floss noch mehr Geld,
da die Bundeswehr verstärkt in Israel einkaufte und damit Israel
Devisen beschaffte, die es für die U-Boote verwenden konnte. Hinzu
kommt: Die Baugenehmigung für das sechste Israel-U-Boot hat die Bundesregierung
bereits am 8.Mai 2006 erteilt.
Industriepolitisch decken sich die Forderungen Israels mit Wünschen
des krisengeschüttelten Stahlkonzerns ThyssenKrupp. Dessen Werfen
in Hamburg (Blohm & Voss) und Kiel (HDW) hätten gegen eine größeren
Auftrag für Kriegsschiffe aus Israel sicher kaum etwas einzuwenden.
Ganz gleich, ob das Geld dafür aus Israel oder aus dem deutschen
Staatshaushalt und aus Israel kommt. ThyssenKrupp erhöhte jüngst
den industriepolitischen Anreiz für die Bundesregierung, indem es
öffentlich mit der Möglichkeit des Verkaufs von Anteilen seiner
Marinewerften an die arabische Firma Abu Dhabi Mar spielte. Eine Vorstellung,
die sofortigen einen Aufschrei deutscher Verteidigungs- und Industriepolitiker
zur Folge hatte, die einen deutschen Käufer forderten.
Politisch wäre eine deutsche Finanzierungszusage nicht unproblematisch.
Zum einen sind große finanzielle Geschenke in Zeiten der Finanz-
und Haushaltskrise der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln. Vor
allem, da finanzielle Gründe wiederholt als Ursache für Ausstattungsmängel
der Bundeswehr im Afghanistaneinsatz genannt wurden. Zum anderen ist Israel
kein unproblematischer Empfänger. Das zeigten schon die Kriege gegen
die Hisbollah im Südlibanon 2006 und gegen die Hamas im Gazastreifen
2008/2009. Es zeigt sich aber auch im Blick auf die erweiterten militärischen
Handlungsmöglichkeiten, die die neuen Kriegsschiffe Israel eröffnen.
Seit Jahren wird die deutsch-israelische U-Boot-Connection von Argwohn
begleitet. Vermutet wird, dass Israel die deutschen U-Boote als Träger
für weitreichende Marschflugkörper nutzt oder nutzen will, die
mit konventionellen , aber auch nuklearen Sprengköpfen bestückt
werden können. Befürchtet wird, dass Jerusalem die Boote bei
einem Angriff auf die Atomanlagen des Irans einsetzen könnte. Israel
tut wenig, um solchen Befürchtungen entgegenzuwirken. Im Gegenteil:
Es spielt mit ihnen im Rahmen der psychologischen Kriegführung. So
durchfuhr im Sommer letzten Jahres ein Dolphin-U-Boot den Suez-Kanal,
um Übungen im Roten Meer durchzuführen. Israel weckte damit
Befürchtungen, es werde eine kontinuierliche Präsenz seiner
U-Boote in der Golfregion anstreben, sobald es aus Deutschland 2011/12
erstmals Dolphin-U-Boote mit Brennstoffzellenantrieb erhalten hat. Diese
haben eine größere Reichweite.
Seit Jahren wünscht sich die israelische Marine zudem neue Mehrzweck-Kriegsschiffe.
Kleine Fregatten oder große Korvetten sollen es sein, mehr als doppelt
so groß wie die Korvetten des Typs Sa’ar 5, die heute Israels größte
Kampfschiffe sind. Wichtigste Fähigkeit der neuen Schiffe soll die
Luft- und Raketenabwehr sein. Konzeption und Entwicklung sollen an die
Hamburger Werft Blohm & Voss vergeben werden, die zu Thyssen Krupp
gehört. Von den Hamburgern erhofft sich Israel, dass sie auf Basis
des Typs MEKO A-100 ein größeres Schiff konzipieren, in dass
modernste israelische Hochtechnologie integriert werden kann und das zugleich
für Israel bezahlbar bleibt. Israel möchte ein hochmodernes
Luftabwehrradar der Firma Israeli Aircraft Industries – Elta Systems integrieren,
dass Raketen erfassen kann und zudem Senkrechtstarter für Raketen
vom amerikanischen Typ VLS Mk 41 einbauen. Dieser könnte sowohl Luftabwehrraketen
des israelischen Systems Barak 8 als auch amerikanische Raketen der Typen
SM-2 oder SM-3 aufnehmen. Letztere sind zur Abwehr von Mittelstreckenraketen
geeignet und sollen künftig auch Langstreckenraketen abfangen können.
Damit könnte Israel den USA im Kontext der Neuausrichtung der Raketenabwehrplanung
Washingtons für den Nahen Osten einen größeren Eigenbeitrag
anbieten und zugleich die U.S.-Komponenten und Waffen für die Schiffe
aus amerikanischer Militärhilfe bezahlen.
Sollte die Bundesregierung eine erneute Finanzhilfe für Israels
U-Boot-Flotte ablehnen, kann Jerusalem die Forderung nach deutscher Militärhilfe
für das sechste Dolphin-U-Boot und die Raketenabwehrschiffe zu einer
Paketlösung zu verbinden. Es könnte der Bundesregierung die
wachsende Raketenbedrohung Israels vor Augen halten und daran erinnern,
dass Deutschland der Existenz Israels verpflichtet ist. Die Bundesregierung
könne selbst entscheiden, ob sie eine erneute Militärhilfe im
dreistelligen Millionenbereich der Öffentlichkeit als Hilfe beim
U-Boot-Kauf oder für die Raketenabwehrschiffe verkaufe. Teuer für
den deutschen Steuerzahler wird es in beiden Fällen.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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