Osteuropa
Ausgabe 4 / April 2006


Siamesische Zwillinge

Kernenergie und Kernwaffen

von Otfried Nassauer

Die Welt verbraucht immer mehr Energie. Öl und Gas sind endliche Ressourcen. Die Kernenergie steht möglicherweise vor einer Renaissance. Doch die zivile Nutzung der Kernenergie ist technologisch janusköpfig. Sie kann militärischen Zwecken dienen und zur Verbreitung von Kernwaffen führen. Mit dieser Proliferation sind große sicherheitspolitische Risiken verbunden. Das globale Nichtverbreitungssystem von Kernwaffen steckt in einer Krise. Zwischen dem Versuch, die nukleare Bewaffnung weiterer Staaten zu verhindern und die Nutzung der zivilen Kerntechnik auszubauen, gibt es einen unlösbaren Widerspruch.

Jeder zivile atomare Brennstoffkreislauf und insbesondere einige der dazu gehörenden Elemente konfrontieren die Welt mit bestimmten Sicherheitsrisiken. Atomare Technologien, das entsprechende Wissen und nukleares Material können weitergegeben werden. Nuklearexperten können reisen oder auswandern. Schon die Existenz einer breiten Palette spezifischer Exportkontrollen, Verläßlichkeitstests für Mitarbeiter und einer besonderen nuklearen Nichtverbreitungspolitik sind ein Nachweis für die Gefahren der Proliferation.

Während des Ost-West-Konflikts richteten sich die Proliferationsbefürchtungen vor allem auf Staaten, die an Material, Technologie oder Wissen für Nuklearwaffen herankommen wollten. In den 1960er und den frühen 1970er Jahren gehörten Deutschland, Indien, Israel, Japan und Schweden zu den Ländern, die unter Beobachtung standen. Mitte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre zählten Argentinien, Brasilien, Ägypten, Indien, Iran, Irak, Pakistan, Südkorea, Taiwan und Südafrika dazu. Seit den 1990er Jahren stehen der Irak, Iran, Pakistan und Nordkorea ganz oben auf der Liste. Beinahe alle Nichtkernwaffenstaaten, die nukleare Forschung oder Kernenergieprogramme betreiben, sind mit Blick auf ihre Absichten durchleuchtet worden.

Dennoch blieb bis zum Ende des Ost-West-Konflikts die Zahl der Länder, die tatsächlich über Atomwaffen verfügten, bemerkenswert klein: Neben den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates hatten nur Israel, Indien und Südafrika die Bombe gebaut. Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) und die Bemühungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) sowie multilaterale und nationale Technologie- und Exportkontrollen in Kombination mit der Selbstbeschränkung der Nichtkernwaffenstaaten sowie Sicherheitsgarantien durch Atommächte und/oder diplomatische Zwangsmaßnahmen haben dazu beigetragen, die Zahl überschaubar zu halten.

Südafrika hat nach dem Ende der Apartheid sein nukleares Arsenal wieder abgerüstet. Belarus, Kazachstan und die Ukraine willigten ein, ihre von der Sowjetunion geerbten Atomwaffen aufzugeben. Anfang der 1990er Jahre gab es sogar eine gewisse Hoffnung, daß nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung die Welt von der Gefahr atomarer Vernichtung vielleicht doch noch einmal befreien könnten.

Heute sieht die Situation wieder ganz anders aus. Die Proliferation ist auf einen Spitzenplatz auf der Liste der Risiken für die internationale Sicherheit zurückgekehrt. Einige Faktoren haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Die Nuklearwaffenstaaten haben ihre Arsenale nicht so schnell reduziert, wie es viele atomwaffenfreie Staaten nach dem Ende des Ost-West-Konflikts erwarteten. Einige Atommächte sprachen wiederholt von der Notwendigkeit, ihre Atomwaffen zu modernisieren. Die Auflösung der Sowjetunion und die darauffolgende Schwäche Rußlands riefen ernsthafte Besorgnis hervor, ob die Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Fähigkeit haben würden, die Atomwaffen, das Nuklearmaterial, die Technologie und das Wissen zu sichern. Nach dem Golfkrieg 1991 deckten internationale Inspektoren ein geheimes irakisches Nuklearwaffenprogramm auf. 1998 mußte Pakistan auf die Liste der Nuklearmächte gesetzt werden, weil es Atomwaffentests durchgeführt hatte. Schließlich trat Nordkorea 2003 nach einer langen Hängepartie aus dem Nichtverbreitungsvertrag aus und erklärte, es verfüge nun über Atomwaffen.

Seit dem 11. September 2001 ist die öffentliche Aufmerksamkeit für die Risiken der Proliferation erneut und schnell gewachsen. Eine ganz neue Gruppe von Akteuren und potentiellen Nutznießern der Proliferation wurde der Bedrohungsanalyse hinzugefügt: transnationale nichtstaatliche Akteure wie z.B. Terroristen, das Organisierte Verbrechen, religiöse Extremisten und transnationale Konzerne. Während manche Fachleute diese Akteure schon seit vielen Jahren auf ihrem Radarschirm hatten, machten sich Politiker und die breitere Öffentlichkeit erst nach den Terrorattacken von New York und Washington öffentlich Sorgen. Was wäre, wenn Terroristen bei künftigen Terrorattacken eine Atombombe oder eine schmutzige Bombe aus radioaktivem Material und herkömmlichen Sprengstoffen einsetzen würden?

Tatsächlich war ein Teil dieser neuen Aufmerksamkeit auf Politiker, Think Tanks und Industrien in den Vereinigten Staaten und anderswo zurückzuführen, die schnell versuchten, aus der Bedrohung durch den Terrorismus – speziell den Terrorismus durch Massenvernichtungswaffen – Verkaufsargumente für ihre eigenen Produkte, Dienstleistungen und Interessen zu machen. Transnationale nichtstaatliche Akteure wie Terroristen könnten in der Tat versuchen, Zugang zu nuklearem Material, zu Technologien und Know-how zu erlangen. Falls diese Gruppen tatsächlich planen, schmutzige, primitive oder sogar hochwertige Nuklearsprengkörper zu bauen, stellt allein die Möglichkeit, daß sie Erfolg haben könnten, ein ernstes Problem dar.

Da die Proliferation an die Spitze der Agenda internationaler Sicherheit zurückgekehrt ist, gewinnen auch die Risiken wieder zusätzliche Aufmerksamkeit, die aus Nuklearprogrammen aller Art erwachsen. Die aktuelle Diskussion über das iranische Nuklearprogramm ist ein gutes Beispiel. Man mißtraut dem Iran nicht nur, weil er Nukleartechnologie geheim eingeführt und einige seiner Verpflichtungen als nichtnukleares Mitglied des NVV, das den Kontrollen der IAEO unterliegt, verletzt hat, sondern auch aufgrund der Erfahrungen mit dem Irak und Nordkorea. Das irakische Beispiel hatte ja deutlich gemacht, daß ein Land ein militärisches Atomprogramm vorantreiben und vor den Kontrollen durch die IAEO verbergen kann. Auch Nordkorea könnte über ein "ziviles" Nuklearprogramm in den Besitz von Atomwaffen gelangt sein. Obwohl Nordkorea sich massivem internationalen Verdacht und Sanktionen ausgesetzt sah, kam das Land nahe genug an die Entwicklung von Atomwaffen heran, um seinen Austritt aus dem NVV zu riskieren. Heute sind viele Länder darauf bedacht zu verhindern, daß der Iran ein "zweites Nordkorea" wird. Selbst wenn das iranische Nuklearprogramm und die Absichten des Landes rein ziviler Natur wären, wie Teheran behauptet, würde man dem Iran mißtrauen. Nach dem Fall Nordkorea werden alle zivilen Nuklearprogramme, die mehr umfassen als Leichtwasser- und Leichtwasserforschungsreaktoren, vermutlich mit sehr viel größerer Skepsis betrachtet als vorher. Der Iran ist nur das erste Land, das sich mit dem entstehenden neuen Klima in der Nichtverbreitungspolitik konfrontiert sieht. Der Iran dürfte der Präzedenzfall für ein künftiges Nichtverbreitungsregime sein. Andere Fälle werden wohl folgen.

 

Zivile Atomanlagen – ein kurzer Überblick

Nach Angaben der IAEO betreiben Ende 2005 30 Länder 443 kommerzielle Atomkraftanlagen.[1] Sie stellen weniger als fünf Prozent des gesamten Weltenergieverbrauchs zur Verfügung, aber etwa 16 Prozent der genutzten Elektrizität in der Welt. Die große Mehrheit aller kommerziellen Kernreaktoren wird von Ländern in der industrialisierten Welt betrieben. Die USA betreiben 104 Reaktoren, Frankreich 59, Japan 56, Rußland 31 und Großbritannien 23. Deutschland hat 17 Reaktoren, Kanada 18 und die Ukraine 15. Südkorea hat 20 Atomkraftanlagen, Indien 15, China 9, Argentinien, Mexiko, Pakistan und Südafrika betreiben je zwei Anlagen. Der Iran hat angekündigt, zwei Reaktoren bauen zu wollen. Die Mehrzahl der Reaktoren sind Druckwasserreaktoren (214), Schwerwasserreaktoren (41), Siedewasserreaktoren (90) und sowjetische VVER-Reaktoren (53). Die Mehrheit der Atomkraftwerke nutzt niedrig angereichertes Uran (Low Enriched Uranium, LEU), das zwei bis fünf Prozent U-235 enthält. Einige Anlagen, wie die graphitwassermoderierten oder die Schwerwasserreaktoren, nutzen Natururan. Bis heute gibt es nur wenige Schnelle Brüter.

Die meisten Länder, die nukleare Kraftwerke betreiben, arbeiten nicht mit einem geschlossenen oder einem vollen, offenen Brennstoffkreislauf.[2] Solche Kreisläufe betreiben insbesondere Länder, die ein Atomwaffenprogramm haben (oder hatten) oder aber die Fähigkeit oder Absicht, ein solches zu entwickeln.

Das Uran, das in diesen Reaktoren als Brennstoff genutzt wird, kommt hauptsächlich aus zwei Quellen. Etwas mehr als 50 Prozent stammt aus Uranminen, die es gegenwärtig in 19 Ländern gibt und die zwischen 40 000 und 50 000 Tonnen Natururan pro Jahr fördern. Die größten Lieferländer sind Kanada und Australien, die zusammen mehr als 50 Prozent des neu geförderten Urans liefern. Weitere große Lieferanten sind Kazachstan, Niger, Rußland, Namibia und Uzbekistan. Auch der Iran fördert seit kurzem Uran. 2003 kamen 46 Prozent der weltweiten Uranversorgung für zivile Nuklearreaktoren aus sekundären Quellen wie der Wiederanreicherung abgereicherten Urans, der Wiederaufbereitung von Brennstäben und der Abreicherung hoch angereicherten Urans (HEU). Es ist unklar, ob ein so hoher Anteil sekundärer Bezugsquellen lange aufrechterhalten werden kann. Die IAEO erwartet, daß der Bedarf an neuem Uran oder alternativen Brennstoffkreisläufen nach 2015 ansteigen wird. Die OECD, die einen Anstieg des Bedarfs für neu gefördertes Uran ab 2020 erwartet, listet insgesamt 43 Länder auf, die über verwertbare Uranressourcen verfügen.

Zur Anreicherung von Uran werden verschiedene Technologien genutzt, darunter Gasdiffusion, Gaszentrifugen, die elektromagnetische Separation von Isotopen und das sogenannte Becker-Verfahren. Die fünf traditionellen Atommächte betreiben Anreicherungsanlagen für zivile Zwecke und haben solche Anlagen auch für militärische Zwecke betrieben.[3] Das letztere trifft auch auf Pakistan zu.[4] Argentinien, Deutschland, die Niederlande, Japan und Südafrika betreiben kommerzielle Anreicherungsanlagen. Laborforschung sowie Versuchs- oder kleinere Anlagen für den Bedarfsfall gibt es in Australien, Brasilien[5], Südkorea, und seit kurzem in Iran. Nordkorea steht im Verdacht, ein militärisches Anreicherungsprogramm zu haben.

Brennstäbe, die einmal in Reaktoren bestrahlt wurden, können in kommerziell betriebenen Anlagen in Großbritannien, Frankreich und Rußland wiederaufbereitet werden. Japan wird bald der erste atomwaffenfreie Staat sein, der eine kommerzielle Wiederaufbereitungsanlage betreiben wird.[6] Militärische Wiederaufbereitungsanlagen, die für Nuklearwaffen Plutonium abtrennen, gibt es in Israel, Pakistan und Nordkorea. Einige Länder, z.B. Deutschland und die Niederlande, die zivile Atomkraftwerke betreiben, schicken ihre abgebrannten Brennstäbe zur Wiederaufbereitung ins Ausland. Das Reaktorplutonium, das dort abgetrennt wird, wird entweder zurückgeschickt oder (anderswo) in MOX umgewandelt. Abgetrenntes Reaktorplutonium wird von einer Reihe entwickelter Länder entweder auf eigenem Staatsgebiet oder auf dem anderer Länder gelagert, die für sie Brennstoff wiederaufbereiten. Die Lager in Nichtatomwaffenstaaten unterliegen den Sicherheitsmaßnahmen (safeguards) der IAEO, wie auch die Anlagen zur MOX-Produktion. Die Lagerung von Reaktorplutonium in Wiederaufbereitungsanlagen in Atomwaffenstaaten unterliegt nur dann internationaler Überwachung, wenn das Land ausdrücklich zustimmt. Die meisten Entwicklungsländer, die Kernkraftwerke betreiben, nehmen keine Wiederaufbereitung vor. Statt dessen werden die Brennstäbe gelagert oder in die Lieferländer zurückgeschickt. Abgebrannte Brennstäbe enthalten den Großteil des Reaktorplutoniums, das derzeit weltweit vorhanden ist. Ohne eine Entscheidung darüber, was mit dem hoch radioaktiven Müll endgültig geschehen soll, ist es schwer, konkret zu beurteilen, ob daraus längerfristig Proliferationsrisiken resultieren.

Belgien, Frankreich und Großbritannien zählen zu den Ländern, die kommerziell MOX-Brennstoff produzieren können. Einerseits erlaubt die Produktion von MOX die Verringerung der Bestände an separiertem Reaktor- oder militärischem Plutonium, andererseits wird sie kritisiert, weil so zusätzliches Plutonium in den Brennstoffkreislauf eingespeist wird. Einige Länder nutzen MOX, um ihre Reaktorplutoniumlager abzubauen, oder sie verfolgen entsprechende Planungen. Dazu zählen Belgien, Frankreich, Deutschland, Schweden und die Schweiz. Aus Indien und China sind entsprechende Überlegungen bekannt. Japan hat vor, Schnelle Brüter mit MOX zu betreiben. Deutschland hatte einst eine MOX-Produktion im großen Ausmaß geplant, hat aber mittlerweile sowohl die Pilotanlagen als auch die kommerzielle Anlage zur MOX-Produktion abgebaut.

HEU-Brennstoff wird gegenwärtig in mehr als 130 der 270 Forschungsreaktoren weltweit genutzt. Forschungsreaktoren gibt es in 69 Ländern. Der HEU-Brennstoff für diese Reaktoren ruft substantielle Proliferationsbefürchtungen hervor, weil er bei niedrigem Risiko relativ leicht zu handhaben ist. Vom verbrauchten Brennstoff aus allen Forschungsreaktoren ist etwa ein Drittel HEU. Erhebliche Mengen lagern noch immer in stillgelegten Reaktoren. Weniger als die Hälfte der 382 stillgelegten Forschungsreaktoren wurden vollständig rückgebaut.

Die proliferationsträchtigsten Elemente ziviler Nuklearbrennstoffzyklen sind:

  • Technologien und Anlagen zur Anreicherung von Uran;
  • HEU-Brennstoff für Forschungs- und Schiffsreaktoren;
  • Forschungsreaktoren und Atomkraftwerke, die Plutonium herstellen können;
  • Wiederaufbereitungsanlagen, die die Separation von Plutonium möglich machen, sowie die Technologie, die in solchen Anlagen eingesetzt wird;
  • Lager für separiertes Plutonium;
  • Forschungs- und Produktionsanlagen für die Herstellung anderer, für Nuklearwaffen geeigneter Materialien wie Tritium oder Polonium-210.

 

Proliferationsrisiken

Die Proliferationsrisiken ziviler nuklearer Brennstoffkreisläufe kann man in zwei Gruppen unterteilen. Zur ersten gehören Risiken, die aus dem Kontrollverlust innerhalb eines zivilen Atomprogramms resultieren. Nuklearmaterial, Technologie oder Know-how kann gestohlen und ins Ausland transferiert werden, um ein Atomwaffenprogramm in einem anderen Land zu unterstützen. Abdul Q. Kahns Diebstahl der Zentrifugentechnologie zur Urananreicherung im Jahr 1974 bei URENCO (Uranium Enrichment Company) in den Niederlanden ist ein Beispiel. Die Aktivitäten seines Netzwerks, Iran, Libyen und Nordkorea mit nuklearem Wissen, mit Technologie und Ausrüstung zu versorgen, zeigen heute, daß ein Empfängerland von Proliferation selbst zum Proliferator werden kann.[7] Nicht nur Nuklearmaterial, Technologie und Know-how kann "auswandern", sondern auch gut ausgebildetes Personal (brain drain). Die verschiedenen Proliferationsrisiken können getrennt, aber auch kombiniert auftreten.

Die zweite Form der Proliferationsrisiken fußt auf denselben Elementen: Nuklearmaterial, Nukleartechnologie, Know-how und Spezialisten. Ein ziviles Nuklearprogramm wird dazu benutzt, um ein Nuklearwaffenprogramm zu entwickeln. Ein Staat verfolgt die militärische Nuklearoption und nutzt seine eigenen und ausländische Versorgungsquellen dafür.

Um die Fähigkeit zu entwickeln, Nuklearwaffenkapazitäten zu bauen, können staatliche wie nichtstaatliche Akteure zwei Wege gehen. Sie können versuchen, eine auf Uran oder eine auf Plutonium basierende Waffe zu bauen. In beiden Fällen brauchen sie signifikante Mengen spaltbaren Materials. Die IAEO sieht 25 kg hochangereicherten Urans (HEU, das 90 Prozent und mehr U-235 enthält) oder acht kg Plutonium-239 als Minimum an, mit dem eine einfache, aber funktionierende Atomwaffe gebaut werden kann.[8]

HEU kann in verschiedenen Typen von Anreicherungsanlagen hergestellt werden. Inzwischen ist aber die Zentrifugenanreicherung die am meisten verbreitete Methode. Plutonium ist ein Nebenprodukt, das bei der Bestrahlung von Brennelementen in verschiedenen Reaktortypen entsteht. Abhängig vom Reaktortyp und der Zeit, die der Brennstoff bestrahlt wird, können unterschiedliche Mengen waffenfähigen Plutoniums 239 und/oder Reaktorplutoniums 240 produziert werden. Das Plutonium muß vom bestrahlten Reaktorbrennstoff in chemischen Wiederaufbereitungsanlagen getrennt werden, bevor es für den Bau einer Atomwaffe verwendet werden kann.

Die Programme zum Bau von Atomwaffen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen. Zum einen gibt es Nuklearprogramme mit einem originär militärischen Zweck. Das trifft auf die USA, Großbritannien, die Sowjetunion und China zu. Zum anderen gibt es Programme, die als zivile Programme begonnen wurden und bei denen der militärische Aspekt entweder implizit von Anfang an mitverfolgt wurde oder geheim hinzukam. In der Frühphase ziviler Nuklearprogramme ist sehr oft schwer zu beurteilen, ob sie militärischen Zielen dienen. Zu den Ländern, die ihre Nuklearwaffenprogramme zivil begannen, gehören Frankreich, Indien, Israel, Nordkorea und Südafrika.

Ein zweite Unterscheidung ist die, ob Akteure Nuklearwaffen auf dem Uran- oder Plutoniumpfad anstreben. Länder, die beide Arten von Nuklearwaffen gebaut haben, sind die USA, die UdSSR, Großbritannien, China und Pakistan. Israel, Indien und möglicherweise Nordkorea haben auf dem Plutoniumpfad ihre ersten Atomwaffen gebaut. Das einzige Land, das erfolgreich Uran nutzte, um seine erste Atomwaffe zu bauen, war Südafrika.

Abhängig davon, auf welchem dieser Pfade Länder die Fähigkeit zum Bau von Nuklearwaffen anstreben, werden sie ihren Bedarf für den Brennstoffkreislauf im eigenen Land definieren. Ein Land, das eine Uranwaffe bauen will, wird eine Anreicherungsanlage brauchen, jedoch nicht notwendigerweise eine Wiederaufbereitungsanlage. Es wird auch nicht unbedingt nach den Reaktortypen Ausschau halten, die wie Schwerwasserreaktoren für die Produktion waffenfähigen Plutoniums am besten geeignet sind. Im Gegensatz dazu werden Länder, die eine Plutoniumwaffe bauen wollen, eher nach solchen Reaktoren und einer Wiederaufarbeitungsmöglichkeit suchen, während sie nicht zwingend eine Anlage zur Umwandlung oder Anreicherung von Uran haben wollen. Auf diese Art und Weise können Länder, die nur auf einem der beiden Wege die Nuklearwaffenfähigkeit herstellen wollen, sich theoretisch auf einen offenen Brennstoffkreislauf beschränken, während Länder, die sich beide Optionen offenhalten möchten, einen geschlossenen Brennstoffkreislauf planen werden. In der Vergangenheit haben etliche Länder versucht, sich beide Wege offenzuhalten.

Schon bald, nachdem die Vereinigten Staaten das Programm "Atome-für-den-Frieden" zur zivilen nuklearen Zusammenarbeit aufgelegt hatten, wurden Befürchtungen über die Verbreitung der Nukleartechnologie und das daraus resultierende Risiko laut, daß viele Länder Nuklearwaffen anstreben könnten. 1963 schätzte der damalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara, daß elf zusätzliche Staaten innerhalb eines Jahrzehnts an Atomwaffen gelangen würden und viele weitere später. Als später der Nichtverbreitungsvertrag verhandelt wurde, war die Notwendigkeit, eine Welt mit zwanzig oder dreißig Atommächten zu verhindern, ein gängiges Argument für diesen Vertrag.

Angesichts der Vielzahl nationaler Atomprogramme mit zivilen, aber auch potentiell militärischen Ambitionen erwies sich der NVV in Kombination mit den Safeguards der IAEO, den Exportkontrollregimen der Nuclear Suppliers Group und des Zangger-Ausschusses, sowie diplomatischem Druck und sicherheitspolitischen Garantien zunächst als überraschend wirksam. Neben den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NVV bereits irreversibel zum Bau atomarer Waffen entschlossenen Staaten, Israel und Indien, gelang es bis heute nur Südafrika[9], Pakistan und möglicherweise Nordkorea, Nuklearwaffen zu bauen.

Zugleich machten die nationalen und internationalen Bemühungen, weitere Staaten[10] vom Bau atomarer Waffen glaubhaft abzuhalten deutlich, daß dies kein einfaches Unterfangen ist. Immer wieder wurde deutlich, daß das Proliferationsrisiko zwar eingedämmt, nicht aber beseitigt werden konnte. Die Entdeckung des geheimen irakischen Nuklearprogramms und die Erfahrungen mit Nordkorea zeigten zudem, daß ein verbessertes Safeguardsregime für die Zukunft nötig wäre, wenn das Nichtverbreitungsregime seine proliferationshemmende Wirkung behalten sollte. Die Erfahrungen mit erfolgreichen und eingehegten militärischen Nuklearprogrammen zeigen:

  • Erstens: Die wichtigsten Proliferationsrisiken konzentrieren sich heute auf die Technologien zur Urananreicherung, Wiederaufbereitung und Plutoniumabtrennung, die Produktion von Plutonium sowie auf mit HEU betriebene Reaktoren.
  • Zweitens: Zivile Nuklearprogramme spielten bei der Proliferation eine Rolle, sowohl als Deckmantel für als auch zur Unterstützung militärischer Programme. Sie machen es vor allem schwerer, die realen Absichten eines Landes zu beurteilen.
  • Drittens: Safeguards und Exportkontrollen, die in den 1960er und 1970er Jahren entwickelt wurden, sind heute unzureichend, um den Übergang eines Landes von einem zivilen zu einem militärischen Nuklearprogramm gesichert zu verhindern.
  • Viertens: Alle Länder, die Nuklearaktivitäten verfolgen, bilden mit der Zeit Personal aus und verfügen über technologische Fähigkeiten, was es ihnen erlaubt, sich stärker auf einheimische Fertigkeiten und weniger auf Hilfe von außen zu verlassen. Der technische Fortschritt trägt zu dieser Entwicklung ebenso bei, weil immer mehr Länder nuklearrelevante Ausrüstungen in einer Qualität herstellen können, zu der früher nur industrialisierte Nationen in der Lage waren.
  • Fünftens: Das Konzept, die Proliferation von Nukleartechnologie für militärische Zwecke zu verhindern und gleichzeitig die Nutzung ziviler Atomenergie zu fördern, steckt in einer tiefen Krise.

 

Risiken durch nichtstaatliche Akteure

Nichtstaatliche Akteure galten schon in den späten 1960ern als Proliferations- und Sicherheitsrisiko. Fachleute wußten, daß es möglich war, eine einfache Atomwaffe auf der Basis nicht geheimer und öffentlich zugänglicher Informationen zu bauen.[11] 1975 stellte eine CIA-Studie fest:

Die Möglichkeit, daß Terroristen in den Besitz von nuklearen Waffen kommen, stellt die schwerwiegendste Limitierung für politische Bemühungen dar, die Proliferation in den Griff zu bekommen. Dies ist der irritierendste und extremste Aspekt der Diversifikation nuklearer Akteure. Dieselbe wachsende Verfügbarkeit nuklearer Materialien und Technologie, die nukleare Sprengstoffe für Entwicklungsländer zugänglich machte, wird sie früher oder später in die Reichweite terroristischer Gruppen bringen. [. . .] Weil Nuklearterroristen schon per definitionem außerhalb offizieller Regierungskanäle arbeiten, sind sie gegen internationale politische Kontrollen weitgehend immun. Die Safeguards der IAEO zum Beispiel beinhalten keinerlei Vorkehrungen dagegen, daß Terroristen Materialien aus einem Reaktorkomplex stehlen.[12]

Mit der Auflösung der Sowjetunion wurde diese Sorge öffentlich laut. Angesichts einer riesigen nuklearen Infrastruktur wuchs die Befürchtung, daß daraus massive Proliferationsrisiken entstünden. Während die autoritär regierte Sowjetunion ihr Nuklearmaterial, Know-how und die Techniker unter strengster Kontrolle hatte, war es unwahrscheinlich, daß deren Sicherheitsmaßnahmen gegen Proliferation – geschlossene Städte, rigide Reisebeschränkungen und Überwachung durch Militär und KGB – weiterhin ausreichend wirksam bleiben würden. Seit 1991 richtete sich deshalb erhebliche Aufmerksamkeit auf die Gefahren, die aus der Möglichkeit erwuchsen, daß Nuklearmaterial, Technologien oder Sprengköpfe in die Hände von Terroristen oder der organisierten Kriminalität fallen könnten.[13]


Nuklearwaffen in terroristischen Händen

Theoretisch könnten Terroristen an eine Nuklearwaffe entweder durch Bau oder Kauf gelangen. Wenn sie eine Waffe bauen wollten, könnten sie versuchen, die dazu erforderlichen Nuklearmaterialien herzustellen, zu kaufen oder zu stehlen. Wenn sie die Materialien selbst herstellen wollten, würden sie sich denselben Schwierigkeiten gegenübersehen wie ein Staat, der versucht, zur Atommacht zu werden. Da nichtstaatliche Akteure keine Staaten sind, würden sie einen Staat brauchen, der sie und die erforderliche Infrastruktur beherbergt. Willentlich, oder weil der Staat nicht in der Lage ist, sein Territorium vollständig zu kontrollieren. Auf diesem Weg gibt es viele Hindernisse. Deshalb ist für terroristische Gruppen die Option, eine Atomwaffe aus selbsthergestelltem Material zu bauen, derzeit eher abwegig. Selbst wenn eine terroristische Gruppe an das nötige spaltbare Material durch Kauf oder Diebstahl käme, würde sie noch immer einen Bauplan für die Waffe, funktionierende Präzisionszünder und andere Komponenten brauchen, an die schwer heranzukommen ist. Daß Terroristen diese Probleme schnell in den Griff bekämen ist eher unwahrscheinlich. Terroristen wären wohl am ehesten erfolgreich, wenn sie mit einem Staat (oder Geheimdienst) zusammenarbeiten würden, der über Nuklearwaffen oder waffenfähiges Material verfügt. Zugang zu nuklearem Wissen und die Zusammenarbeit mit gut ausgebildetem Personal könnten die Aufgabe für Terroristen ebenfalls erleichtern. Wenn eine Atommacht bereit wäre, mit einer terroristischen Organisation zusammenzuarbeiten, wäre die Frage, die sich am ehesten aufdrängt: Warum sollte dieser Staat nicht gleich eine fertige Waffe übergeben?


Schmutzige Bomben in terroristischer Hand

Wahrscheinlicher ist ein Szenario, bei dem Terroristen oder Angehörige des organisierten Verbrechens eine schmutzige Atomwaffe bauen und einsetzen. Eine schmutzige Bombe enthält etwas radioaktives Material, das durch die Explosion konventionellen Sprengstoffs verbreitet wird. Es erfolgt keine Kettenreaktion. Man kann sich eine konventionelle Autobombe mit ein paar Dutzend oder hundert Gramm radioaktiver Substanzen vorstellen. Der Haupteffekt einer schmutzigen Bombe wäre der psychologische. Eine Simulation, welche die Auswirkungen der Explosion einer schmutzigen Bombe mit zwei Tonnen Sprengstoff in der Innenstadt Washingtons untersuchte, kam zu dem Ergebnis, daß eine Fläche von der Größe eines Häuserblocks schweren und vielleicht dauerhaften Schaden erleiden würde.

Ein Haupthindernis beim Bau einer solchen Waffe besteht jedoch in der Schwierigkeit, mit dem radioaktiven Material umzugehen. Da die Wirkung einer solchen Waffe wesentlich von der Radioaktivität und dem toxischen Gehalt des verwendeten Materials abhängt und nicht von einer nuklearen Explosion, stellt das verwendete radioaktive Material für diejenigen, welche die Waffe bauen, mit ihr umgehen und sie einsetzen, ein entsprechend hohes Risiko dar. Das ist vermutlich einer der Hauptgründe, warum bisher noch keine schmutzige Waffe verwendet wurde.

Ob radioaktives Material aus einem der Elemente eines zivilen nuklearen Brennstoffkreises das Material wäre, das für den Bau einer solchen Bombe ausgewählt würde, ist zu bezweifeln. Es gibt diverse andere nukleare Materialien, die leichter zugänglich sind und den Anforderungen einer schmutzigen Bombe ebenso gut oder besser entsprechen würden wie LEU, HEU oder sogar Reaktorplutonium. So wäre aus einem Forschungsreaktor gestohlenes HEU gewiß nicht das ideale Material für eine solche Waffe. Radioaktive Materialien wie Kobalt-60, Strontium-90 oder Americium-241 sind leichter zugänglich und besser geeignet. Radioaktiver Abfall aus manchen Elementen des Brennstoffkreises könnte dagegen den Weg in eine schmutzige Bombe finden.


Nuklearschmuggel

Seit dem Zerfall der Sowjetunion gibt es Erkenntnisse über eine große Anzahl von Schmuggelfällen mit Nuklearmaterial. Gewöhnliche Kriminelle, Mitglieder des organisierten Verbrechens, Terroristen wie auch Geheimdienste und polizeiliche Institutionen zeigten alle ein starkes Interesse – ebenso wie die Medien. Dadurch wurde es schwierig, zwischen wirklichen Versuchen illegalen Handels, Lockvogelangeboten und falschen Berichten zu unterscheiden. Analysiert man die Medienberichte, läßt sich nicht viel über die reale Relevanz des Atomschmuggels für die nukleare Proliferation erfahren. Eine verläßlichere Quelle für eine richtige Beurteilung ist die Datenbank zum illegalen Atomhandel, die die IAEO 1995 eingerichtet hat.[14] Über 650 Fälle wurden der Behörde von 1993 bis 2004 als bestätigt angezeigt. Mehr als 60 Prozent betrafen nicht spaltbares radioaktives Material wie Caesium-137, Strontium-90, Kobalt-60 oder Americium-241. Die meisten dieser Materialien rufen Besorgnis wegen ihres möglichen Einsatzes bei terroristischen oder kriminellen Aktionen hervor, weil sie in Geräten zur Verbreitung von Radioaktivität oder in schmutzigen Bomben eingesetzt werden könnten. 30 Prozent aller Fälle betrafen nukleares Material wie Natururan, abgereichertes Uran, Thorium und LEU. Bei 18 Fällen war waffenfähiges Nuklearmaterial involviert. Unter Proliferationsgesichtspunkten sind das die wichtigsten Fälle. Sieben Fälle betrafen Plutonium, sechs davon in Mengen von weniger als einem bis zu zehn Gramm. Der siebte Fall, in den mehr als 360 Gramm Plutonium involviert waren, ereignete sich im August 1994 auf dem Münchner Flughafen. In diesen Fall waren sowohl rußländische Offizielle wie deutsche Geheimdienste verwickelt. Elf Fälle betrafen HEU in Mengen von weniger als einem Gramm bis zu mehr als 2,5 Kilogramm. In den meisten dieser Fälle scheint es sich um Proben gehandelt zu haben, um danach größere Geschäfte abschließen zu können.


Nichtstaatliche Akteure und Brennstoffkreislaufsicherheit

Terroristen könnten tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit ziviler Nuklearanlagen darstellen. Über diese Gefahren ist bisher keine systematische Untersuchung bekannt. Einige Aspekte des Problems sind aber schlaglichtartig beleuchtet worden. In den 1990er Jahren simulierten die USA 75 Angriffe auf einige ihrer Reaktoren. Dabei stellten sich gravierende Sicherheitsmängel heraus. In 27 Fällen hätten die Angriffe zur Beschädigung des Reaktorkerns oder zum Austritt von Radioaktivität führen können.[15] Greenpeace gelang es 2003, in das britische Atomkraftwerk Sizewell einzudringen, ohne auf Widerstand zu stoßen.[16] Forschungsreaktoren mit HEU an Universitäten sind ein besonders großes Problem. Wenn es aber schon ernsthafte Sicherheitsprobleme in industrialisierten Ländern gibt, die die Mittel hätten, in die Sicherheit sensibler Infrastruktur zu investieren, können in Ländern ohne vergleichbare Mittel noch viel größere Gefahren bestehen. Es dürfte also ein erhebliches Risiko geben, daß Nuklearmaterial aus Kraftwerken, Laboratorien, Anreicherungs- und Wiederaufbereitungsanlagen oder (Zwischen-) Lagern für verbrauchte Brennstäbe freigesetzt wird oder verschwindet. Auch Terrorangriffe auf solche Anlagen dürfen als Risikofaktor nicht außer acht gelassen werden.


Weitere Proliferationsrisiken

1977 wurde bekannt, daß das US-Energieministerium bereits 1962 erfolgreich einen unterirdischen Test mit einer aus Reaktorplutonium hergestellten Atomwaffe durchgeführt hatte. Damit war klar, daß es prinzipiell möglich ist, Atomwaffen aus "zivilem" oder "Reaktor"-Plutonium zu bauen. Eine Untersuchung, die in den Los Alamos National Laboratories durchgeführt wurde, kam 1990 zu dem Schluß, daß Staaten oder eine terroristische Gruppe, die versuchen würden, eine Nuklearwaffe aus Reaktorplutonium zu bauen, nur graduell, aber nicht prinzipiell andere Schwierigkeiten hätten als beim Zugang zu Waffenplutonium.[17]

Der Krieg gegen den Irak 2003 enthüllte ein weiteres wichtiges Proliferationsrisiko: Als die US-Truppen den Irak besetzten, schützten sie die wichtigste Nuklearforschungsanlage des Landes nicht ausreichend vor Plünderungen. Siegel der IAEO an der Anlage waren beschädigt, Nuklearmaterial verschwunden und Dokumente gestohlen. Inzwischen hat die IAEO alle Materialien gesichert, an die sie gelangen konnte.

Die Auflösung der Sowjetunion zeigte, daß failing states die internationale Gemeinschaft mit Proliferationsrisiken konfrontieren. Es gibt keine Garantie, daß all die Länder, die Forschungsreaktoren oder zivile Nuklearprogramme betreiben, nie instabil werden oder gar zerfallen und dabei die Kontrolle über ihre nuklearen Anlagen und Materialien verlieren. Während weithin anerkannt ist, daß failing states ein Sicherheitsproblem darstellen, ist es weit weniger bekannt, daß sie die Welt auch mit neuen Proliferationsrisiken konfrontieren könnten. Ein Zerfall der Atommacht Pakistan riefe wohl gravierende Probleme hervor. Pakistan und der "atomare Supermarkt" des Khan-Netzwerkes, das Malaysia einschloß, machen zudem deutlich, daß inzwischen auch immer mehr sich entwickelnde Staaten für Atomwaffen nutzbare Technik liefern können.

 

Instrumente der Kontrolle und Begrenzung von Proliferation

Der Nichtverbreitungsvertrag (auch: Atomwaffensperrvertrag, NVV), der 1970 in Kraft trat, ist die Grundlage des internationalen Nichtverbreitungssystems. Fast alle Staaten der Welt haben das Abkommen unterzeichnet. Nur Israel, Indien und Pakistan sind nie Mitglieder geworden. Nordkorea zog sich 2003 aus dem Abkommen zurück.

In Artikel 2 verpflichtet der NVV die Nichtatomwaffenstaaten,

Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen; Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.

Umgekehrt verpflichten sich die Atomwaffenstaaten in Artikel 1, niemals Nichtatomwaffenstaaten dabei zu helfen, diese Verpflichtung zu umgehen. Allerdings sichert Artikel 4 den Nichtatomwaffenstaaten zu, daß sie berechtigt sind, die Atomenergie friedlich zu nutzen und relevante Technologien zu erhalten:

[. . .] Dieser Vertrag ist nicht so auszulegen, als werde dadurch das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien beeinträchtigt, [. . .] die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Atomenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln.

Alle Vertragsparteien verpflichten sich, den weitestmöglichen Austausch von Ausrüstungen, Material und wissenschaftlichen und technologischen Informationen zur friedlichen Nutzung der Atomenergie zu erleichtern und sind berechtigt, daran teilzunehmen. [. . .]

Der Vertrag unterscheidet einerseits zwischen Staaten, die weiterhin befugt sind, über Atomwaffen zu verfügen ("Haves"), und Staaten, die das nicht sind ("Have Nots"). Er enthält andererseits zwei Regelungen, die signalisieren, daß diese Unterscheidung nicht für alle Ewigkeit Bestand haben sollte. Die erste Regelung ist in Artikel 6 enthalten und verpflichtet die Atomwaffenstaaten,

in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.

Die zweite Regelung findet sich in Artikel 10 und lautet:

Fünfundzwanzig Jahre nach Inkrafttreten dieses Vertrages wird eine Konferenz einberufen, die beschließen soll, ob der Vertrag auf unbegrenzte Zeit in Kraft bleibt [. . .]

1995 wurde diese Überprüfungskonferenz abgehalten. Sie vereinbarte, daß der Vertrag bedingungslos und unbegrenzt gelten solle. Diese Entscheidung wurde möglich, weil zugleich ein Dokument über "Prinzipien und Ziele" beschlossen wurde und auf der Folgekonferenz 2000 durch ein Dokument mit dreizehn praktischen Schritten ergänzt wurde, die zum ersten Mal konkrete Ziele sowie einen Arbeitsplan formulierten, um sowohl die Nichtverbreitung und Abrüstung der Atomwaffenstaaten voranzutreiben. Beide Entscheidungen spiegelten den gleichen "Tauschhandel" wider wie der Vertrag selbst: Die Nichtverbreitungsbemühungen können verstärkt werden, wenn auch die Abrüstung mit dem Ziel der endgültigen Vernichtung aller atomaren Waffen Fortschritte macht. Doch der Fortschritt bei der Umsetzung der Verpflichtungen von 1995 und 2000 verlief langsamer, als es die meisten Staaten erwartet hätten. Bei der nächsten Überprüfungskonferenz im Mai 2005 akzeptierten nicht mehr alle Mitglieder den dem NVV und seiner Verlängerung zugrundeliegenden "Tauschhandel". Die USA unter der Regierung von George W. Bush fühlen sich nicht mehr an die "Prinzipien und Ziele" und den Dreizehnschritte-Prozeß gebunden. Die US-Regierung konzentrierte sich vielmehr auf unilaterale Initiativen, um die Nonproliferation zu stärken und akzeptierte keinerlei mit der Abrüstung der Atomwaffenstaaten verbundene Verpflichtungen. Die Konferenz des Jahres 2005 ging deshalb ohne Ergebnis auseinander.

Der Vertrag hat jedoch ohnehin einige Schwächen, die für Proliferation relevant sind:

  • Die Unterscheidung zwischen Haves und Have Nots ist im internationalen Recht, das normalerweise alle souveränen Staaten gleichstellt, einmalig. Seit die US-Regierung ihre Unterstützung für die "Prinzipien und Ziele" zurückgezogen hat, sind viele Nichtatomwaffenstaaten zunehmend kritisch geworden gegenüber der mangelnden Bereitschaft der Atommächte zur Abrüstung. Dieser Konflikt hat das Potential, den Nichtverbreitungsvertrag zu unterminieren.
  • Der Vertrag räumt allen das Recht ein, Nukleartechnologien zu friedlichen Zwecken zu nutzen. Er verpflichtet Länder, die im Besitz solcher Technologien sind, Ländern, die nicht in deren Besitz sind, den Zugang zu ermöglichen, wenn sie diese für zivile Zwecke, etwa die Elektrizitätserzeugung, nutzen wollen. Laut NVV ist es für einen Nichtatomwaffenstaat durchaus legal, einen geschlossenen Brennstoffkreis zu betreiben. Dazu gehört eine Reihe von Anlagen, denen ein hohes Proliferationrisiko inhärent ist. Vorschläge für zusätzliche Safeguards und Exportbeschränkungen für diese Elemente des Brennstoffkreislaufs, die oft von den atomaren Haves vorgebracht und unterstützt werden, vertiefen die erwähnte Spaltung. Nichtkernwaffenstaaten des Südens fürchten eine "nukleare Apartheid" hinsichtlich der zivilen Nutzung der Atomenergie.
  • Israel, Indien und Pakistan haben den Vertrag niemals unterschrieben, jedoch Atomwaffen gebaut. Da der Vertrag den Beitritt neuer Atomwaffenstaaten nicht erlaubt, wäre der Verzicht auf Atomwaffen für diese Staaten eine Vorbedingung, um dem Vertrag beitreten zu können. Das wird kaum geschehen. Viele Nichtatomwaffenstaaten äußern sich deshalb zunehmend kritisch, daß diese Atomwaffenstaaten de facto als Nuklearwaffenstaaten außerhalb des Vertrages toleriert werden.

Der Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (Comprehensive Test Ban Treaty, CTBT) ist ein weiterer multilateraler Vertrag, der Auswirkungen auf die Proliferation haben kann. Im Februar 1963 schrieb Robert McNamara in einem Memorandum für Präsident John F. Kennedy:

Ein umfassendes Verbot von Atomwaffentests, dem die USA, die UdSSR und Großbritannien zustimmen würden, würde in der Form wirken, daß er die Ausbreitung (von Atomwaffen) verlangsamen würde. Es ist vermutlich keine Übertreibung zu sagen, daß er eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung dafür ist, die Zahl der nuklearen Länder gering zu halten.[18]

Erst nach dem Ost-West-Konflikt wurde ein solcher Vertrag geschlossen. Seit 1996 haben ihn 176 Länder unterschrieben und 132 ratifiziert, darunter auch Nuklearwaffenstaaten wie Rußland.[19] Es bleibt dennoch unklar, ob der CTBT jemals in Kraft treten wird. Alle 44 Länder mit einem zivilen oder militärischen Nuklearprogramm müßten den Vertrag ratifizieren, bevor er in Kraft treten kann und so "die Ausbreitung verlangsamt" wird. Etliche Länder haben ihn noch nicht ratifiziert; manche haben noch nicht einmal unterschrieben. Während einige Länder das auch in absehbarer Zukunft nicht tun werden, erwägen die Vereinigten Staaten sogar, ihre Unterschrift wieder zurückzuziehen.

Wäre dieser Vertrag in Kraft, würde er einen Beitrag zur Nichtverbreitung leisten. Länder, die eine neue Atomwaffe bauen, würden nicht mit Sicherheit wissen, ob ihr Nuklearwaffendesign wie vorgesehen funktioniert. Dies gilt vor allem für Waffen, die auf Reaktorplutonium beruhen.

Das Ziel eines Vertrags über ein Verbot der Produktion von spaltbarem Material für Waffenzwecke (Fissile Material Cut-Off Treaty, FMCT) wäre es, die Menge des waffenfähigen Materials weltweit zu reduzieren und die Produktion neuen spaltbaren Materials für Atomwaffen zu verbieten. Obwohl die Idee schon seit Jahrzehnten existiert, haben die Verhandlungen der UN-Abrüstungskonferenz, die den Vertrag aushandeln soll, noch nicht einmal begonnen. In Atomwaffenstaaten würde er die Menge des für Waffen verfügbaren spaltbaren Materials begrenzen, in Nichtkernwaffenstaaten als zusätzliches Sicherungsinstrument der Nichtverbreitung dienen. Zusammen mit existierenden Vorhaben wie der Vereinbarung zwischen Rußland und den USA, 500 Tonnen rußländischen Waffenurans zu LEU zu verarbeiten, hätte er das Ziel, überflüssiges, waffenfähiges Spaltmaterial abzubauen.[20]

In etlichen Weltregionen sind Verträge über atomwaffenfreie Zonen (Nuclear Weapons Free Zone Treaties; NWFZ) im Einklang mit Artikel 7 des NVVs abgeschlossen worden. Sie stellen regionale vertrauensbildende Maßnahmen gegen die mögliche Proliferation nuklearer Waffen und Technologien dar und werden seitens der Nuklearmächte durch politisch bindende sogenannte Negative Sicherheitsgarantien abgestützt.


Nichtverbreitung durch Safeguards

Die internationalen Safeguards gegen Proliferation beruhen auf Art. 3, Abs. 1 des Nichtverbreitungsvertrags. Der Grundgedanke ist, daß Nichtatomwaffenstaaten nur dann Nuklearmaterial und Technologie erhalten dürfen, wenn sie der IAEO gestatten, sich davon zu überzeugen, daß deren Nuklearprogramme allein friedlichen Zwecken dienen. Deshalb konzentrieren sich die Safeguards darauf, das Abzweigen von Nuklearmaterial aus einem zivilen Brennstoffkreis in militärische Kanäle zu verhindern.

Das heute existierende Überwachungssystem wurde in zwei Phasen aufgebaut. In der ersten wurde zunächst ein Rahmen für die Durchsetzung von Safeguards geschaffen, dann wurden detaillierte Richtlinien für IAEO-Inspektionen ausgehandelt. Die Übereinkunft über dieses Dokument, Information Circular 153 (INFCIRC 153), wurde 1972 erreicht. Auf dieser Grundlage wurden Vereinbarungen über Safeguards zwischen der IAEO und einzelnen Staaten geschlossen und veröffentlicht. Die Vereinbarungen regeln, wann Nichtatomwaffenstaaten verpflichtet sind, die IAEO mit bestimmten Informationen über ihre Nuklearanlagen, Materialien und Programme zu versorgen. Sie ermächtigen die IAEO, die Korrektheit dieser Angaben durch Inspektionen im Land zu verifizieren. Für den Fall, daß die IAEO zur Einschätzung gelangt, daß ein Land ohne Vorbehalte mit der IAEO zusammengearbeitet hat und nur an zivilen nuklearen Projekten arbeitet, kann dieses Land weiterhin nukleares Material und Technologie beziehen. Urteilt die IAEO dagegen, daß Zweifel oder offene Fragen bezüglich des Nuklearprogramms eines Landes bestehen, ist sie berechtigt, zusätzliche spezielle Untersuchungen durchzuführen, um entweder das Land vom bestehenden Verdacht freizusprechen oder, falls Verpflichtungen verletzt wurden, dies dem UN-Sicherheitsrat und der Vollversammlung zu melden, die über weitere Maßnahmen beraten. Anfang 2005 waren 166 Vereinbarungen zwischen der IAEO und einzelnen Ländern in Kraft.

Nach dem Golfkrieg von 1991 enthüllten Inspektoren der IAEO, daß der Nichtatomwaffenstaat Irak jahrelang ein geheimes Atomwaffenprogramm betrieben hatte. Der UN-Sicherheitsrat ermächtigte die Inspektoren zu zusätzlichen Inspektionen nach dem Ende des Krieges. Die Entdeckungen führten zu dem Schluß, daß die existierenden Vereinbarungen über Safeguards nicht ausreichten, um ein Land davon abzuhalten, ein geheimes Atomwaffenprogramm durchzuführen und daß zusätzliche, umfassendere Safeguards notwendig wären, um mit solchen Herausforderungen fertig zu werden. Bis 1997 handelten die IAEO-Mitglieder ein freiwilliges Model Additional Protocol (INFCIRC 540) über erweiterte Safeguards aus. Länder, die dieses Protokoll akzeptieren, ermöglichen es der IAEO, bisher nicht gemeldete Anlagen zu inspizieren, zusätzliche und kurzfristige Inspektionen durchzuführen und zudem Umweltproben zu entnehmen. Das Protokoll verpflichtet die Länder außerdem, der IAEO zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen, wie etwa Erklärungen aller Im- und Exporte aller Güter, die auf der Nuclear Suppliers Group Trigger List aufgeführt sind. Ende 2005 war das Zusatzprotokoll für 65 Länder in Kraft, weitere 25 haben es unterschrieben.

Das Zusatzprotokoll ist von besonderem Wert, wenn ein Land unter dem Verdacht steht, seine Verpflichtungen aus dem NVV und den Safeguards zu verletzen. Als die Islamische Republik Iran 2003 in einen solchen Verdacht geriet, drängten die IAEO und viele Mitgliedstaaten den Iran, das Zusatzprotokoll zu unterzeichnen, damit er der IAEO auch die zusätzlichen Rechte gewähre, die darin enthalten sind. Der Iran unterzeichnete das Protokoll im November 2003. Während sich die iranische Regierung zunächst so verhielt, als sei das Protokoll in Kraft, hat das iranische Parlament es nicht ratifiziert. Im Februar 2006 informierte die iranische Regierung auf Beschluß des Parlaments die IAEO, daß der Iran das Protokoll wegen des eskalierenden Streits um sein Atomprogramm nicht mehr anerkenne, hielt sich aber in der Praxis zunächst doch weiter an viele Verpflichtungen.

Die bestehenden Safeguards zielen darauf ab, in Nichtkernwaffenstaaten die (Um)nutzung ziviler Nuklearkapazitäten zu militärischen Zwecken zu verhindern. Sie befassen sich weder mit militärischen Einrichtungen in Atomwaffenstaaten noch mit den zivilen nuklearen Einrichtungen in diesen Ländern, es sei denn, die Atomwaffenstaaten stimmen von sich aus zu, bestimmte Einrichtungen oder Materialien unter die Kontrolle der IAEO zu stellen. Safeguards werden bislang auch nicht in Staaten durchgeführt, die keine Mitglieder des NVVs sind.

Obwohl die Inspektionen der IAEO immer wieder kritisiert wurden, weil sie kostspielig, zeitraubend und unzureichend seien, sind sie offensichtlich wesentlich besser, als die Kritiker behaupten. Im Irak haben die Inspektoren der IAEO (und der United Nations Monitoring, Verification and Inspection, UNMOVIC) das irakische Nuklearprogramm aufgedeckt und kamen 2003 zu dem Schluß, daß es wohl nicht wiederaufgenommen worden war. Die gegenwärtigen Vorschläge zur Stärkung der Safeguards der IAEO schließen die Forderung ein, das Zusatzprotokoll zu universalisieren und für Nichtatomwaffenstaaten, die Nukleargüter einführen wollen, verpflichtend zu machen.


Nonproliferation durch Exportkontrollen

Multilaterale Maßnahmen zur Exportkontrolle ergänzen die Safeguards seit den frühen 1970er Jahren bei der Aufgabe, Proliferation zu verhindern. Grundlage ist Art. 3, Abs. 2 des NVVs, der alle Mitgliedstaaten verpflichtet, nukleares Material oder Technologien nur dann zu liefern, wenn sie in den Empfängerländern Safeguards unterliegen.

Die Staaten, die in der Lage waren, Nukleartechnologie zu liefern, begannen 1971 mit informellen Treffen. Später wurde dieses Forum institutionalisiert und als das Zangger Committee bekannt. Sie entwickelten eine Liste nuklearer Exportgüter (trigger list), die Kontrolle erforderten, und stellten drei Bedingungen für Länder auf, die solche Güter erhalten wollten: Der Empfänger muß ein Safeguard-Abkommen abgeschlossen haben, alle Importe ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzen und diese beiden Bedingungen auch auf mögliche Empfänger von Wiederausfuhren anwenden.

Jene Länder, die in der Lage sind, Nuklearmaterial oder Technologie auszuführen, bildeten 1975 auch die informelle London Nuclear Suppliers Group. Die Gruppe einigte sich auf eine ausgedehnte trigger list von Nuklearmaterial, Technologien und Ausrüstungen, die der nationalen Exportkontrolle unterliegen sollten, sowie auf eine Liste wichtiger dual use-Technologien, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke genutzt werden können. Die Liste wird von Zeit zu Zeit aktualisiert, um mit der Entwicklung der Technologie Schritt zu halten. Beide Listen sind Bestandteile der Richtlinien der Nuclear Suppliers Group, die politisch, jedoch nicht rechtlich verbindlich sind. Wenn Mitgliedstaaten sich aber dazu verpflichten, diese Güter in ihre nationalen Exportkontrollsysteme zu übernehmen, werden sie rechtlich bindend.

In den vergangenen Jahren hat es neue Initiativen gegeben, um die Kontrolle über die Lieferung von Nukleartechnologie zu stärken. Auf einen Vorschlag der USA beschloß der G-8-Gipfel im Juni 2004 ein einjähriges, verlängerbares Moratorium für neue Transfers von Urananreicherungs- und Wiederaufbereitungstechnologien in Staaten, die noch nicht im Besitz solcher Technologien sind.

Viele Nichtatomwaffenstaaten sind aber skeptisch und kritisch gegenüber den Safeguards, Exportkontrollen und Versuchen, nuklearrelevante Exporte davon abhängig zu machen, ob das Empfängerland zusätzliche Bedingungen erfüllt. Sie befürchten, daß diese Regelungen in diskriminierender Weise angewendet werden könnten und den legitimen Zugang zu moderner Nukleartechnologie, wie ihn der NVV zusichert, be- oder sogar verhindern könnte.

Wollte man dieses Problem umgehen, so müßten Vorschläge realisiert werden, die proliferationsrelevanten Teile des Brennstoffkreislaufs zu multilateralisieren, also z.B. die Urananreicherung oder Wiederaufarbeitung nur noch in multinational genutzten und von der IAEO kontrollierten Anlagen durchzuführen. Die teilnehmenden Länder würden sich gegenseitig kontrollieren, und die Proliferationsresistenz würde wachsen.


Nichtverbreitung durch Zusammenarbeit

Nach der Auflösung der Sowjetunion führte die Sorge um das riesige Nuklearpotential zu einer Vielzahl kooperativer Nonproliferationsmaßnahmen. Die Vereinigten Staaten ergriffen am schnellsten die Initiative, mittlerweile beteiligt sich eine ganze Reihe von Ländern an der Finanzierung und Durchführung solcher Maßnahmen.[21]

Diverse Projekte zielen auf eine zentralisierte und politisch wie technisch sichere Lagerung von Nuklearmaterial und Nuklearwaffen in Rußland. Andere sollen den nuklearen Brennstoff von außer Dienst gestellten nukleargetriebenen U-Booten sichern. Projekte wie das International Science and Technology Center Program, die Nuclear Cities Initiative, die Russian Transition Initiative und die Proliferation Prevention Initiative konzentrieren sich darauf, Beschäftigungsmöglichkeiten für Atomwissenschaftler zu finden, um einen Brain drain zu vermeiden, d.h. Proliferation, die aus der Arbeitssuche von Wissenschaftlern im Ausland resultieren würde. Einige Programme bemühen sich um die Verbesserung der Grenzkontrollen und der Exportkontrolle in den sowjetischen Nachfolgestaaten.

Wieder andere versuchen, auf kooperative Art und Weise die Produktion von waffenfähigem, spaltbarem Material in Rußland zu beenden und die Lagerbestände an spaltbarem Material zu reduzieren. Mit der Trilateralen Initiative kamen die Vereinigten Staaten, Rußland und die IAEO 1996 überein, für überschüssig erklärte Mengen waffenfähigen Spaltmaterials (sowohl Plutonium als auch Uran) unter IAEO-Safeguards zu stellen. 1993 kauften die USA Rußland 500 Tonnen HEU ab, das heruntergemischt ("downblended") und als Brennstoff in US-amerikanischen Atomkraftwerken verwendet werden soll. Nach Angaben der beauftragten Firma waren Ende 2005 262 Tonnen im Rahmen dieses "Megatons to Megawatts"-Programms umgewandelt.[22] Das Plutonium Disposition Agreement aus dem Jahre 2000, in dem die USA und Rußland übereinkamen, zunächst je 34 Tonnen waffenfähiges Plutonium entweder in MOX-Brennstoff umzuwandeln oder durch Immobilisierung mittels Vermischung mit radioaktivem Müll unschädlich zu machen, war bislang weniger erfolgreich, weil sich seine Umsetzung immer wieder verzögerte.[23]

Seit 2002 gibt es eine G-8-"Weltweite Partnerschaft gegen die Verbreitung von Waffen und Material zur Massenvernichtung". Die G-8-Staaten haben sich verpflichtet, für diese Initiative über einen Zeitraum von zehn Jahren 20 Milliarden Dollar auszugeben. Im Mai 2004 starteten Rußland, die USA und die IAEO die Global Threat Reduction Initiative. Deren Ziel ist es u.a., spaltbares waffenfähiges Material, das ursprünglich aus Rußland oder den USA stammt, aus über vierzig Ländern der Erde dorthin zurückzuführen. HEU soll als Reaktorbrennstoff aus zivilen Nuklearprogrammen verbannt werden. Forschungsreaktoren, die mit HEU betrieben werden, geben Anlaß zur Sorge vor Proliferation. Schon vor dieser Initiative wurden waffenfähige Spaltmaterialien aus Serbien, Bulgarien und Kazachstan in die Vereinigten Staaten und nach Rußland gebracht.

Einige ursprünglich bilaterale Initiativen der USA und Rußlands sind multilateralisiert worden. Dazu gehören Hilfestellungen für Länder, um effektive, Proliferation verhindernde Exportkontrollen durchführen zu können sowie Projekte, die alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für Nuklearspezialisten und -wissenschaftler schaffen. Diskussionen über die Sicherheitsmängel in der Ex-Sowjetunion haben auch zu Initiativen der IAEO beigetragen, die auf verstärkte Sicherheitsmaßnahmen bei zivilen Nuklearnutzungen zielen.


Zwangsmaßnahmen und militärische Maßnahmen gegen Proliferation

Seit George W. Bush im Amt ist, setzen die USA stärker auf unilaterale Maßnahmen zur Verhinderung der Proliferation. Zwei Formen sollen erwähnt werden. Im Mai 2003 wurde von den USA die Proliferation Security Initiative ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist, das Abfangen von Transporten nuklearer, biologischer oder chemischer Waffen auf dem Luft- oder Seeweg zu erleichtern und zu legitimieren. Im Visier sind auch Trägersysteme sowie Technik, Herstellungstechnologie und Materialien für all diese Waffen. Viele Länder begegneten diesem Vorschlag mit Skepsis, weil seine Umsetzung im Konflikt mit einer Reihe von internationalen Verträgen stehen würde, welche die ungehinderte Passage von Flugzeugen und Schiffen garantieren. Als die Bush-Regierung jedoch die Initiative modifizierte und einschränkte, um den rechtlichen Bedenken entgegenzukommen, zeigten weitere Nationen Interesse. 2005 beteiligten sich mehr als 50 Länder.

Als zweite Form ist die militärische Proliferationsbekämpfung (Counter-Proliferation Operations) zu nennen. Sie zielt darauf, Proliferation durch militärische Gewaltanwendung rückgängig zu machen oder zu verzögern. Dazu können z.B. Sabotageakte von Spezialkräften, Militärschläge aus der Luft oder von See oder sogar Interventionen in das Gebiet, wo die Proliferation stattgefunden hat, durchgeführt werden. Im Fall eines nichtstaatlichen Akteurs, der nukleare Sprengköpfe bauen will, würden militärische Counter-Proliferation Operations das Gebiet des Gaststaates treffen, unabhängig davon, ob dieser die Aktivitäten billigt oder nur nicht verhindern kann. Derartige Einsätze können als präventive oder präemptive Aktionen sowie als Vergeltungsmaßnahmen durchgeführt werden. In vielen Fällen stellen sie eine schwere Verletzung internationalen Rechts dar, weil sie als Akte der Aggression gelten würden. Die Vereinigten Staaten haben solche Einsätze zu einem integralen Bestandteil ihrer veröffentlichten Nationalen Sicherheitsstrategie gemacht. Staaten wie Rußland oder Frankreich zeigen eine gewisse Bereitschaft, solche Optionen ebenfalls in Betracht zu ziehen.

Unterhalb der Ebene einer klassischen militärischen Intervention würden solche Proliferationsbekämpfungseinsätze zumeist geheim vorbereitet, um das Überraschungsmoment und die Erfolgsaussichten zu vergrößern. Wenn möglich, würden sie sogar geheim ausgeführt. Unter Umständen werden sie nicht einmal hinterher bekannt gegeben. Die meisten der bekannt gewordenen Einsätze dieser Art waren Teil von Kriegshandlungen, etwa die Angriffe und Sabotageakte der Alliierten im Zweiten Weltkrieg auf die von Deutschland kontrollierte Schwerwasserherstellung der Norsk-Hydro in Norwegen oder das japanische Nuklearlabor in Tokio. Öffentlich bekannt wurde auch der israelische Angriff auf den irakischen Reaktor in Osirak 1981. Auch der Krieg gegen den Irak 2003 wurde mit der Notwendigkeit der Proliferationsbekämpfung als einem Hauptargument legitimiert. Wie sich jedoch später herausstellte, gab es dort keine Proliferation mehr, die rückgängig zu machen gewesen wäre.

Wegen der Geheimhaltung ist es schwierig, die Wirksamkeit solcher Einsätze bei der Ausschaltung oder Verzögerung von Atomprogrammen zu beurteilen. Soweit bekannt, war die Wirkung gering oder gar kontraproduktiv. Der Irak entschloß sich nach dem israelischen Angriff offensichtlich, Atomwaffen zu entwickeln. Außerdem muß die Wirkung solcher Angriffe gegen das Risiko eines Fehlschlags, die Verletzung internationalen Rechts und die Möglichkeit abgewogen werden, daß sich die Proliferationsanschuldigung als falsch herausstellen kann. Jüngste öffentliche Diskussionen über einen möglichen Militärschlag der USA oder Israels gegen iranische Nukleareinrichtungen haben mehr Licht auf die Komplexität, die zweifelhaften Erfolgsaussichten und die Unwägbarkeiten einer solchen Operation geworfen.

 

Eine Welt auf der Suche nach Energie

Die Sorge wächst, ob die heutigen Hauptquellen der Primärenergie – Öl und Erdgas – auch weiterhin den wachsenden Bedarf ausreichend befriedigen können. Die weltweite Nachfrage nach Energie wächst rapide. Seit Asien viele arbeits- und energieintensive Produktionen übernimmt, die früher in der westlichen, sich jetzt deindustrialisierenden Welt beheimatet waren, ist der Energiebedarf dort sprunghaft gestiegen. Eine ausreichende Energieversorgung ist zu einer der Grundvoraussetzungen für die asiatische Entwicklung geworden. Jedoch sind weder Öl noch Gas unerschöpflich oder können zu erschwinglichen Preisen in unbegrenzten Mengen überall und jederzeit geliefert werden. Früher oder später ist mit Engpässen zu rechnen, die entweder aus der Kluft zwischen Nachfrage und Angebot oder aus regionalen Konflikten resultieren. Deshalb ist die Suche nach alternativen und zusätzlichen Energiequellen zu einem maßgeblichen Trend sowohl in der westlichen Welt als auch in den sich entwickelnden Ländern geworden. Die Atomenergie ist eine der Alternativen, die immer stärker in Betracht gezogen wird.

Diverse Studien gehen davon aus, daß es möglich sei, die Proliferation zu begrenzen, während gleichzeitig zivile Nukleartechnologie exportiert wird.[24] Die politischen Nichtverbreitungsvorschläge, die angeboten werden, dürften jedoch in etwa so vielversprechend und wirksam sein wie jene, die in den 1960er und 1970er Jahren proklamiert wurden. Sie erlauben es, Zeit zu erkaufen, bis erneut Schlupflöcher und Lücken sichtbar und durch erste Proliferationsfälle demonstriert werden. Wenn nichtstaatliche Akteure beginnen, sich auf diesem Feld zu tummeln, werden Nichtverbreitungsregime, die geschaffen wurden, um die Proliferation zwischen Staaten zu verhindern, vermutlich noch mehr Schlupflöcher aufweisen als früher. Übersehen wird von jenen, die nukleare Technologieexporte trotz der Proliferations- und Sicherheitsbedenken befürworten, daß sie die Existenz einer wichtigen Problematik leugnen. Man kann nicht zugleich ein Maximum an Schutz vor Proliferation und ein Maximum an wirtschaftlichen Vorteilen aus dem Export ziviler Nukleartechnik erreichen.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wird die nukleare Proliferation auch in Zukunft ein Problem für die internationale Sicherheit darstellen. Es ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht übertrieben zu behaupten, daß es unmöglich ist, die zivile Nutzung der Atomenergie hundertprozentig resistent gegen Proliferation zu machen. Es ist zwar möglich, die Hürden für die nukleare Proliferation zu erhöhen und das Problem zu begrenzen. Jedoch werden wohl alle vorgeschlagenen und auch umgesetzten Maßnahmen zur Begrenzung des Problems wahrscheinlich mit der Zeit an Wirksamkeit einbüßen. Technologischer Fortschritt und wachsender Zugang zu Technologien wird irgendwann die Versuche erleichtern, auch verbesserte Nichtverbreitungsmaßnahmen zu umgehen.

Selbst unter günstigsten Bedingungen ist anzunehmen, daß die Proliferationsrisiken langsam wachsen, weil die Zahl der Länder wächst, die Atomenergie zur Elektrizitätserzeugung nutzen. Mit jedem Land, das sich dem Kreis der zivilen Atomenergienutzer anschließt, gibt es zusätzliche Orte, an denen nukleares Material überwacht werden muß, zusätzliche Experten und Wissenschaftler mit spezieller Ausbildung und Spezialwissen, die beschäftigt werden wollen, und zusätzliche Orte mit Einrichtungen, die durch Terroranschläge verwundbar sein könnten.

Die Proliferationsrisiken können aber aus verschiedenen Gründen auch noch weiter steigen: Erstens ist auch Uran eine begrenzte Energiequelle. Die Weltreserven an Uran werden definitiv zu Ende gehen. Um Uran zu einer nachhaltigeren Energiequelle zu machen, muß man geschlossene Brennstoffkreise und damit Technologien wie Wiederaufbereitung und Plutoniumabtrennung nutzen, die höhere Proliferationsrisiken bergen. Zweitens ist einer der Effekte der Globalisierung die Schwächung des staatlichen Gewaltmonopols. Dieses Phänomen wird oft unter dem Rubrum failing states oder failed states abgehandelt. In solchen Staaten haben Regierungen Teile des Territoriums, das sie kontrollieren sollen, nicht mehr unter wirksamer Kontrolle und können dort Sicherheit nicht mehr garantieren. Wenn failing states nukleare Einrichtungen beherbergen, ganz gleich ob zivile oder militärische, so werden sie zu einem großen Proliferationsproblem. Der Zerfall der Sowjetunion hat der Welt viele Aspekte, die eine solche Situation kennzeichnen, bewußt gemacht. Können wir sicher sein, daß Pakistan niemals zu einem failing state wird oder zerfällt? Drittens wird es immer mehr Länder geben, die Lieferanten nuklearer Technologie werden, weil die Zahl der Länder zunimmt, die zivile nukleare Einrichtungen betreiben, und damit auch der Technologietransfer in diese Länder steigt. Die Deindustrialisierung des Westens und die Industrialisierung des Südens werden ein ernsthafter Test für die heutigen Mechanismen der Kontrolle, der Begrenzung oder des Verbots nuklearer Technologieexporte. Einige der potentiellen künftigen Lieferstaaten nuklearer Technologie könnten ein anderes Verständnis von einer legitimen zivilen Nutzung der Nukleartechnik haben als die traditionellen Nuklearmächte und ihre engen Verbündeten. Das wird auch die Systeme zur Kontrolle nuklearer Ausfuhren vor bedeutende neue Herausforderungen stellen. Wenn neue Lieferländer erst einmal beginnen, um Marktanteile zu kämpfen, könnte es durchaus sein, daß die Industrien in den westlichen Ländern ein altes und gefährliches Argument wiederaufbringen, das schon in früheren Jahrzehnten die nukleare Proliferation gefördert hat: "Wenn wir es nicht verkaufen, werden sie es tun. Also ist es besser, wir verkaufen es selbst."

1979 kam eine Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI über die Proliferationsrisiken der Nuklearenergie zu dem Schluß, daß ein geschlossener Brennstoffkreis, der auf multilateralen Anreicherungs- und Brennstoffeinrichtungen beruht, der vermutlich gegen Proliferation resistenteste Weg für die zukünftige Nutzung der Atomenergie sei.[25] Die Studie drang darauf, entschlossen jene zwei oder drei Jahrzehnte zu nutzen, die durch den NVV und andere Nonproliferationsmaßnahmen an Zeit gewonnen würden, um Anlagen für einen solchen Brennstoffkreislauf zu entwickeln. Seither ist kaum Fortschritt gemacht worden. Warum sollte das künftig anders sein? Atomenergie wird in vielen Ländern noch immer als hochwertige und moderne Technologie angesehen. Deshalb wird sie als ein normaler Weg der Modernisierung betrachtet. Nicht alle Länder werden über die wirtschaftlichen Mittel verfügen, diesen Weg zu gehen. Aber diejenigen, die das finanzielle Potential haben, könnten die nukleare Option wählen. Solange westliche Länder, die am profitablen Export nuklearer Anlagen und Technik interessiert sind, Atomenergie als moderne, umweltfreundliche und billige Energiequelle darstellen, werden sie weitere Länder ermutigen, nukleare Technologie zu nutzen. Indem sie es tun, erhöhen sie zwangsläufig das Risiko der Proliferation.[26]

Zum Schluß eine Erinnerung: Der Nichtverbreitungsvertrag und das Nichtverbreitungsregime, die zwischen den späten 1960er Jahren und dem beginnenden 21. Jahrhundert geschaffen wurden, fußten auf einem unausgesprochenen "Tauschhandel": Es ist möglich, die Nichtverbreitung und ihre Mechanismen zu stärken. Dies erfordert politischen Willen. Ob dieser Wille existiert, hängt aber in vielen Ländern von sichtbaren Fortschritten bei der nuklearen Rüstungskontrolle und Abrüstung ab. Der gegenwärtige Mangel an politischem Willen, Fortschritte bei der Abrüstung zu erzielen, könnte sich negativ auf den politischen Willen zur Unterstützung eines strengeren Nichtverbreitungsregimes auswirken. In diesem Fall würde das Regime eher geschwächt als gestärkt.


 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
Der Text basiert auf der Studie Atomenergie und Proliferation für die Heinrich-Böll-Stiftung. Sie findet sich in dem von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebenen Buch: Mythos Atomkraft. Ein Wegweiser. Berlin 2006. Für die vorliegende Publikation wurde er vollständig überarbeitet. Das englische Original ist zu finden unter: http://www.boell.de/downloads/oeko/NIP4NassauerEndf.pdf.

 


Fußnoten:

[1] http://www.iaea.org/programmes/a2/index.html Vgl auch die Karte "Atomenergie in der Welt" auf S. II.1 des Einschubs in diesem Heft.

[2] Ein geschlossener Brennstoffkreislauf ist ein Zyklus, in dem Brennstoff aus Natururan hergestellt werden kann, der in einen Reaktor eingespeist, wiederaufbereitet und wieder in Brennstoff verwandelt wird. Ein offener Brennstoffkreislauf wird hier als Kreislauf verstanden, in dem der Brennstoff den Reaktor nur einmal durchläuft. Die abgebrannten Brennelemente werden nicht wiederaufbereitet, sondern gelagert.

[3] China, Frankreich, Großbritannien, Rußland und die USA reichern nicht länger für militärische Zwecke an.

[4] Indien und Israel haben Versuchsprogramme zur Anreicherung aufgelegt; ihre Nuklearwaffen entstanden jedoch auf Plutoniumbasis.

[5] Brasilien will in Kürze eine kommerzielle Anreicherungsanlage in Betrieb nehmen.

[6] Die Wiederaufbereitungsanlage in Rokasho-mura soll im Juli 2006 in Betrieb gehen. Sie wird Kapazitäten für die Wiederaufbereitung von 800 Tonnen Brennstoff jährlich haben. Um dem Proliferationsrisiko entgegenzuwirken, wird das separierte Plutonium in derselben Anlage in Mischoxid (MOX) umgewandelt.

[7] Vgl. Egmont R. Koch: Atombomben für Al Qaida. Berlin 2005.

[8] Alle Experten sind sich einig, daß diese Mengen zu hoch gegriffen ist, wenn ein Akteur Zugang zu moderner Technologie für den Bau eines hochentwickelten nuklearen Sprengkörpers hat.

[9] Südafrika gab seine Nuklearwaffen wieder auf.

[10] Über nationale Nuklearprogramme informieren: http://www.globalsecurity.org/wmd/world/index.html; http://www.nti.org/e_research/profiles/index.html

[11] University of California, Lawrence Radiation Laboratory: Summary Report of the Nth Country Experiment, UCLR 50249, Livermore, CA, März 1967 (ursprüngliche Klassifikation: SECRET, partially released under the FOIA, 4.1.1995).

[12] Central Intelligence Agency: Managing Nuclear Proliferation: The Politics of Limited Choice. Research Study. Langley, VA 1975 (formerly SECRET/NOFORN, partially declassified 21.8.2001), S. 29.

[13] Vgl. Siegfried Fischer, Otfried Nassauer (Hg): Die Satansfaust. Berlin 1993, S. 315ff. – Graham T. Allison et al.: Avoiding Nuclear Anarchy, Containing the Threat of Loose Russian Nuclear Weapons and Fissile Material. Cambridge, London 1996. – Jessica Stern: The Ultimate Terrorists. Cambridge, London 1999.

[14] Vgl. http://www.iaea.org/NewsCenter/Features/RadSources/Fact_Figures.html

[15] Union of Concerned Scientists: Backgrounder on Nuclear Reactor Security. Cambridge MA 2002.

[16] Greenpeace UK: Greenpeace Volunteers Get into "Top Security" Nuclear Control Centre, Presseerklärung. London 13.1.2003. – Auch in: Daily Mirror, 14.1.2003.

[17] U.S. Department of Energy: Nonproliferation and Arms Control Assessment of Weapons-Usable Fissile Material Storage and Excess Plutonium Disposition Alternatives. Washington DC 1997, S. 37–39. – National Academy of Sciences: Management and Disposition of Excess Weapons Plutonium. Washington DC 1994, S. 32–33.

[18] Secretary of Defense: Memorandum for the President, Subject: The Diffusion of Nuclear Weapons with and without a Test Ban Agreement. Washington DC 12.2.1963, S. 3 (ursprüngl. Klassifikation: SECRET).

[19] http://www.ctbto.org/.

[20] www.bellona.no/en/international/russia/nuke_industry/co-operation/8364.html; http://www.nti.org/c_press/analysis_ Holgate_INMM%20Paper_061005.pdf.

[21] Ein Überblick kann u.a. auf folgenden Internetseiten gewonnen werden: http://www.ransac.org/. – http://www.bits.de/NRANEU/NonProliferation/index.htm

[22] http://www.usec.com/v2001_02/HTML/Megatons_chronology.asp

[23] Rußland sieht in dem Waffenplutonium einen Wertstoff und will es zu MOX verarbeiten, aber weder Rußland noch die USA verfügten bei Abschluß der Vereinbarung über Anlagen zur MOX-Fertigung; http://www.nti.org/db/nisprofs/russia/fissmat/plutdisp/puovervw.htm

[24] The Atlantic Council: Proliferation and the Future of Nuclear Power. Washington DC 2004.

[25] Frank Barnaby et al. (Eds.): Nuclear Energy and Nuclear Weapon Proliferation. London, Stockholm 1979.

[26] Es wäre eine Überlegung wert, die Atomenergie verstärkt als veraltende Technologie darzustellen. Heute arbeiten in immer mehr Ländern die besten Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler eher an Technologien zur Erhöhung der Energieeffizienz oder an erneuerbaren Energien denn an nuklearen Technologien.