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03. Dezember 2015


Gewalt schafft nur mehr Gegengewalt

von Otfried Nassauer

Der amerikanische Krieg gegen der Terror hat uns gezeigt: Mit primär militärischen Mitteln ist dem Terrorismus nicht beizukommen. Gewalt schafft nur mehr Gegengewalt. Daran kann selbst eine Supermacht scheitern. Die Terroristen finden neue Anhänger und Nachahmer in weiteren Ländern und Leute, die sie finanzieren. Das ist der falsche Weg. Wer darauf setzt, Terroristen die Kontrolle über Territorium militärisch zu verweigern, bekämpft die Ursachen des Terriors nicht erfolgreich. 

[Viele Europäer haben die USA deswegen zurecht kritisiert – nicht zuletzt in Frankreich. Und nach den Anschlägen in Paris? Die französische Elite reagiert, als sei Frankreich die Wiege des Wilden Westens und nicht die Wiege der europäischen Aufklärung. Zahn um Zahn? – kann das den toten Opfern der Anschläge noch helfen? Macht es die Überlebenden sicherer?]

Auch ich habe keine perfekte Strategie, aber ein paar Fragen, die helfen können: Der Bundeswehreinsatz kostet 134 Millionen Euro. Wäre es sinnvoller, wenn wir damit die Versorgung syrischer Flüchtlinge in türkischen und libanesischen Lagern finanzieren? Wenn wir sie einsetzen würden, um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen bürokratisch zu erleichtern und so zu zeigen, dass es kein Konflikt zwischen christlichem Abendland und moslemischer Welt ist? Wäre es nicht effektiver, auf Gewinne aus Rüstungsexporten nach Saudi Arabien und Katar zu verzichten, die zu den wichtigsten Finanziers relevanter Terrorgruppen gehören?

Ja, Frankreich braucht und verdient unserer Solidarität. Zu echter Freundschaft gehört aber auch, einen Freund vor echten Fehlern zu warnen. Ihm zu sagen: „Wenn Du mich fragst, mit einer primär militärischen Antwort bist Du auf einem gefährlichen Holzweg. Wir brauchen eine wirksame Gesamtstrategie, die dem Terrorismus seine Attraktivität nimmt.“


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS